Der höchste Preis

Die Beiden musterten sich ernst. „Kannst du mir helfen?" Der Jäger starrte eine Weile ins leere, nickte dann letztendlich. „Es ist möglich, doch es erfordert ein Opfer..."


Rumänien, 1482

Teufel gehen um. Die ansässigen Gemeinden leben in Angst und schrecken, ausgezehrt und aller Hoffnung beraubt fristen sie in dieser düsteren, trostlosen Zeit ihre Existenz. Als habe sich selbst der Himmel von ihnen abgewandt ist die meiste Zeit der Horizont wolkenverhangen. Keiner der noch bei Verstand ist wagt sich Nachts aus dem Haus.

Der Grund? Der Lord und die Lady. Genauer gesagt Landgraf Kiryl und seine Gemahlin Ivetta. Niemand sagte ein Wort über die Angelegenheit. Niemand, nicht einmal die Kinder fragten wieso die Herrschaften keinerlei Dienerschaft hatte. Wieso man sie nie vor der Nacht aus ihrem Landsitz kommen sah. Und wieso die Leute verschwanden. Die Menschen mussten einen verzweifelten Kompromiss mit dem Lord und der Lady eingehen. Sie lebten ihr Leben, arbeiteten, kamen über die Tage. Und niemand fragte nach wieso ab und an jemand aus der Gemeinden verschwand. Nur in den Augen der Eltern, der Geschwister oder der Ehepartnern der Verschwundenen konnte man die schreckliche Antwort finden...

Natürlich gab es ab und an Ausnahmen. Männer die ihre Frauen verloren hatten, Eltern die ihre Kinder vermissten, nahmen alle Kraft und Mut zusammen und suchten den Landsitz des Lords und der Lady auf.

Auch sie verschwanden, und niemand sprach ein Wort darüber...

-

Die Pferde preschten wild durch das Dickicht. In der pechschwarzen Nacht sah man die dunklen Umrisse der Tiere, doch wenn dies jemand gesehen hätte wüsste er nicht ob das tatsächlich normale Pferde waren. Zumal kein Kutscher auf dem Bock saß, so als würde die Kutsche von alleine den Weg kennen.

Die Kutsche selbst war prächtig, wenn auch kalt eingerichtet. In ihrem inneren räkelten sich Landgraf Kyril und seine Frau, sich gegenübersitzend. An des Grafen Seite ein junges Mädchen, der Kleidung nach eine Bauerntochter. „Mein Mädchen, nun zittere doch nicht" gurrte der Graf säuselnd, drückte sie an sich.

Das Mädchen hatte seid die Kutsche sie von einem Feldweg abgefangen hatte kein Wort gesagt. Vor Furcht gelähmt und starr vor Schrecken war sie Widerstandslos eingestiegen. Nun zitterte sie, ab und an entließ sie ein schwaches Schluchzen, sie wusste was ihr bevorstand. Der Graf Genoss das Spiel, drückte die warme Wange an seine kalte Haut.

„Schhh meine Schöne, ich und meine Gemahlin wollen dich nur bei uns Aufnehmen, ein Mahl bei mitternacht" versicherte er flüsternd. Er spürte das Blut durch ihre Wangen schießen, hörte ihren Herzschlag, konnte schon fast ihr Blut auf seinen Lippen schmecken... Doch er mahnte sich zur Ruhe, das Spiel selber machte mehr Spaß als das eigentliche Mahl. Er musterte die Lady Ivetta. Ihr blutrotes Kleid gab einen scharfen Kontrast zu ihrer fast weißen Haut, das Korsett zeichnete ihre wundervollen Kurven ab. Der Graf unterdrückte ein gieriges knurren. Wie oft hatte er diesen Körper schon im Blut gebadet, hatten sie sich im Lebenssaft geliebt während sie ihre Zähne in ihre Beute geschlagen hatten.

„Bitte.....bitte" stammelte das Mädchen nun, der Körper ängstlich zusammengekrümmt. Ihre Schultern bebten, Tränen rannen über ihr Gesicht. Fast liebevoll leckte der Graf eine davon mit seiner Zunge hinweg. Als seine Zunge das Fleisch berührten begannen seine Zähne zu kribbeln, doch er würde warten, warten bis sie in ihren Landsitz wären, und dann, dann würden es soweit sein...

„Schon sind wir da" erklärte die Gräfin verheißungsvoll. In selben Augenblick hielt die Kutsche wie von Geisterhand. Das Anwesen des Lords und der Lady lag düster und unheilverkündend da. Der Graf trat geschmeidig aus der Kutsche.

Eben wollte er seiner Beute die Hand anbieten, als er ein Geräusch vernahm. Übermenschlich schnell wirbelte herum, und schnappte nach...

Einem Pfeil.

Das Geschoss vibrierte, der Graf hatte es ohne Mühe aufgehalten, betrachtete es interessiert. Seine Augen verengten sich als er sah das die Pfeilspitze aus polierten Silber war. „Kiryl?" seine Lady fragte eher neugierig als besorgt, ohne Mühe hatte sie das Mädchen am Genick gepackt, bereit zuzudrücken sollte es Probleme machen.

Ein zweiter Pfeil sauste auf sie zu, doch keiner der beiden Herrschaften machte sich Mühe auszuweichen, sie spürten das der Schuss schlecht war. Interessiert musterten sie den zweiten Pfeil der zitternd in der Kutschentür landete.

„Sieht aus als wäre da jemand" erklärte der Graf belustigt. Seine Gemahlin grinste breit, zeigte ihre blitzenden Zähne. „Willst du jagen?" ihre Stimme verriet Erregung. Der Graf lächelte eisig. „Geh mit unserem Kind schon hinein, ich....werde mich unserem neuen Freund Vorstellen."

Mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit wirbelte die Gestalt des Grafen durch das Geäst, seine Füße berührten nicht einmal den Boden. Doch er unterdrückte seine Mordlust noch, ließ sich Zeit einen soliden Abstand zu seiner Beute zu schaffen. Es hätte ihm keinerlei Mühe gemacht den Kontrahenten sofort zu stellen. Er konnte einen Menschen ohne Probleme über eine Meile Entfernung riechen wenn er sich konzentrierte, und er hörte nun schon deutlich den Herzschlag der Gestalt.

Fast schon beschwingt glitt der Graf durch die Baumreihen. Kaum war er etwas tiefer in den Wäldern, er näherte sich bereits dem fliehenden Schützen, als seine Füße eine Schnur streiften.

Etwas zischte, und aus einem Dickicht löste sich ein Pfeil. Der Graf wirbelte aus der Schussbahn, doch er konnte nicht verhindern das der Pfeil seine Robe streifte. Er bestaunte überrascht den Kratzer des Silberpfeils. Sein Blut dampfte etwas, und er spürte sogar etwas Schmerz.
Der Graf gluckste. Das würde noch unterhaltsamer werden als er dachte. Er folgte artig der überdeutlichen Fährte seines Gegners, auch wenn er andere Möglichkeiten gehabt hätte, doch er war neugierig.

„Ich komme nun mein Freund!" tönte er lautstark, grinsend, er wollte die Furcht des Gegners etwas anstacheln. Sofort registrierte er eine Bewegung hinter einem Baum, sprang ohne Anlauf gute fünfe Meter darauf zu, packte...

Einen Umhang.

Der Gegner hatte eine falsche Spur gelegt, der Graf nickte anerkennend. Da bemerkte er den Geruch des Umhangs, scharf, penetrant...Öl!

Da wirbelte auch schon ein Geschoss auf den Grafen zu. Er konnte die brennende Fackel zwar mühelos packen, doch es war zu spät. Funken rieselten herab, und schon fing der Umhang Feuer! Der Graf bellte wütend auf als sein Ärmel Feuer fing, der Boden um ihn herum musste ebenso präpariert gewesen sein, bald war der Graf ein brennendes Ungetüm!

„Stirb du elendes Monster!" brüllte endlich der unsichtbare Gegner. „Nyaarghh!!!" jaulte der brennende Graf, krümmte sich lodernd. Da trat der Mann aus dem Schatten. Er wirkte kräftig, wenn auch noch jung. „Dafür was du uns allen angetan hast!" bellte er wütend.

„Naaein, naaein" kreischte der Graf lodernd, sich stehend in den Flammen windend.

Der Mann erkannte plötzlich die Scharade. Ohne irgendwelche Probleme streckte sich der Graf, schüttelte sich einmal energisch...



Der Windstoß löschte nicht nur sämtliche Flammen, sondern warf den Mann auch noch von den Füßen. „Verflucht!" rief der Mann erschütternd, doch da hatte der Graf ihn schon an der Kehle gepackt, hob ihn mühelos in die Luft, ließ ihn mit den Beinen zappelnd schweben.

„Das war ganz unterhaltsam" erklärte der Graf. Ohne große mühe heilten seine Brandnarben, in wenigen Sekunden war sein Körper wieder unversehrt. Verspielt drückte er etwas die Kehle des Mannes, der stöhnte. „Ich hatte schon früh erfahren das die Dorfbewohner einen Jäger auf mich ansetzen wollten, das sie es wirklich gewagt haben..." Der Mann keuchte, erkannte er nun die spitzen Fangzähne des Grafen. „Du wirst...bezahlen..." prophezeite der Mann keuchend.

„Vielleicht" murmelte der Graf eine spur nachdenklich. Doch dann funkelten seine Augen Mordlustig. „Doch das wirst du nicht mehr erleben."

Der Mann lächelte bitter. „Du hast recht, aber..."

Wie einen dürren Ast zerdrückte der Graf den Hals des Mannes. „Armer Narr, denkst du wirklich jemand könnte mir etwas anhaben?" Seine Züge verrieten nun einsetzende Langeweile. An manchen Tagen hätte er sich nun an dem Mann gelabt, doch das schien ihm nun eher ekelhaft als erregend. Ohne mühe schleuderte er den Toten einige Meter durch die Luft von sich, der Körper knallte knirschend an einen Baumstamm, zerschmetterten alle Rückenknochen bevor der Tote im Staub landete.

„Vollkommen sinnlos" urteilte der Graf, wandte sich zurück zu seinem Landsitz.
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„Du bist der Jäger?" fragte er die Gestalt.

Der Jäger nickte.

„Du bist meine Einzige Hoffnung."

„Du willst das ich den Lord und die Lady töte?"

Ein inbrünstiges „Ja!"


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Die Vorfreude auf die Nacht und das Mädchen vertrieben seine Enttäuschung bald. Mit einem gierigen Gesicht schlugen die großen Türen des Anwesens auf. Das Innere war ein Palast der Finsternis. Wundervolle prächtige Möbel, edle Gemälde und auserlesene Artefakte schmückten die Halle, alles in einer überirdischen Dunkelheit gehüllt.

Verärgert schnupperte er Blut. Hatte Ivetta ohne ihn angefangen? Misstrauisch eilte er in die Schlafkammer...

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Die beiden musterten sich ernst.

„Kannst du mir helfen?"

Der Jäger starrte eine weile ins leere, nickte dann letztendlich.

„Es ist möglich, doch es erfordert ein Opfer..."


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Blut war literweise über die mattgoldenen Laken getaucht, der Graf war verstimmt, wieso hatte Ivetta...

"Ivetta?"

Dann verstand er, riss die Augen ungläubig auf, schlug die Laken zurück...
Der Kopflose Körper seiner Gemahlin lag in den Laken. Man hatte ihre Kehle und Brustkorb aufgeschnitten.

Das Schmerzerfüllte Brüllen lies das Gemäuer in den Grundfesten erbeben. „WER?!?!" jaulte er hasserfüllt, sein Antlitz nun das eines Dämons. Er drehte sich eine Sekunde zu spät um. Der Schock und die Überraschung hatten seine Sinne einige Sekunden abgelenkt.

Die Gestalt warf sich dem Grafen entgegen, warf ihn gegen die Wand. „ARGH!" brüllte der Vampir schmerzend, etwas Heißes drang in seinen Brustkorb. Eine lange silberne Lanze war zu Erkennen, der Graf spürte sein Herz am Metal reißen und kochen. Reflexartig wollte er seine Hände erheben, sich befreien, doch sein Gegner war viel zu schnell für das überrumpelte Ungeheuer. Mir Kraft und Geschmeidigkeit führte der Jäger seine Klinge herab, der Graf jaulte auf als man ihm erst die eine, dann die andere Hand abschlug. Die Armstümpfe zischten schmerzhaft, die Silberklinge hatte ganze Arbeit geleistet.

Wie ein Aufgespießtes Insekt wendete sich der Graf hin und her, doch er blieb an die Wand gespießt. Wütend versuchte er deinem Gegner den Kopf abzubeißen, doch dieser ging gekonnt auf Abstand, stemmte sich noch etwas mit der Lanze durch den Brustkorb des Monstrums.

„Aber wie?" stammelte der Graf fassungslos, Blut aus allen Wunden strömend.

Ein letztes Mal erinnerte er sich fassungslos an die Worte des Mannes, und seinen letzten Worten das er bezahlen würde.

Dann schlug der Jäger ihm den Kopf ab.

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„Was für ein Opfer?" wollte der Mann vom Jäger wissen. „Ich werde dir all mein Geld geben wenn ich mich nur rächen kann" erklärte er verbittert.

Der Jäger schüttelte den Kopf. „Dein Geld wird nicht reichen, den du musst den höchsten aller Preise zahlen."

„Welchen?" wollte der Mann wissen.

„Dein Leben, denn du musst sie ablenken, zusammen sind diese Ungeheuer zu stark. Wenn du dein Leben opferst kann ich sie nacheinander für dich töten."

Der Mann nickte ernst. Seine Augen zeigten keine Furcht, die hatte er schon lange mit allen anderen Gefühlen verloren. „Dann sei es so."

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Der Jäger blickte nachdenklich in die Flammen. Nachdem er die beiden Vampire getötet hatte setzte er das Haus in Brand, so das nichts mehr auf diese Ungeheuer hinweisen würde. Niemals wieder.

Später fand er den toten Mann im Wald. Der Jäger begrub ihn in allen Ehren auf einem kleinen Hügel. „Du hast gezahlt und ich habe dir deine Rache geschenkt" erklärte der Jäger.

Er bemerkte wie der Regen aufgehört hatte. Langsam zog er seine Kapuze zurück, betrachtete mit einer gewissen Zufriedenheit einen seid lange nicht mehr gesehenen, klaren Himmel. Sie begutachtete ihre Kleidung. Ihre Bauerntracht war nützlich gewesen, doch nun brauchte sie solche Verkleidung nicht mehr.

Erfolgreich ging der Jäger den Waldweg entlang...

Ende

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Kommentare: 3
  • #1

    NekoGirl (Mittwoch, 03 August 2011 14:55)

    Viel besser als Twillight ^^. Die Geschichte ist bis zum ende hin recht spannend. Und das Ende hat mich sogar überascht hätte nich gedacht das das mädchen der jäger ist. Alles in allem eine echt gute Geschichte.
    LG Neko ~

  • #2

    Lina (Donnerstag, 24 Mai 2012 18:21)

    Du schreibst tolle Geschichten, Kame :3
    Bis zum Ende voller Spannung und ein unerwartetes Ende. *.*

  • #3

    Carikku (Samstag, 02 Oktober 2021 23:47)

    Richtig tolle Story! *_* Dein Schreibstil ist echt spannend.