Der unglaubliche Rächer

Mathis und Andre waren die besten Freunde. Und Freunde brauchten man hier. Lyon’s Hinterhöfe waren ein Schauplatz eines Überlebenskampfes für jedes obdachlose Kind. Weder Mathis noch Andre hatten jemals Eltern, zumindest an keine an die sie sich erinnern könnten.

Sie kannten sich schon ihr Leben lang und waren wie Brüder. Mathis war immer der Starke der beiden. Wenn andere Kindergruppen sich mit ihnen anlegen wollten war es Mathis der, blondgelockt wie ein Löwe die größten dieser Kinder mit nur zwei drei Fausthieben niederschlug. Andre, der im Gegensatz zu Mathis immer etwas blasser und kränklicher war fragte sich immer ingeheim wieso Mathis ihn beschützte. Andre war kein Kämpfer.

Mathis war das egal, den sie waren Freunde. “Freunde fürs Leben Frère” sagte Mathis ihm immer. Zusammen würden sie Aufwachsen und zusammen würden sie diesem Leben entkommen.

Sie erzählten sich ihre Wünsche während sie in ihrer Unterkunft, einem verlassenem Keller dalagen und dem Ragen lauschten der immer ab und an etwas hereinregnete. Andre wollte Polizist werden, eine echter Gendarm. “Nicht solche wie die hier” erwähnte er dabei immer. Die hiesige Polizei scherte sich um die Obdachlosen Kinder wenig, sie jagten sie höchstens wenn sie Touristen belästigten oder steckten sie ins Jugendgefängnis, aber ansonsten steckten sie auch nur Schmiergelder der örtlichen Verbrecherorganisationen ein.

“Und du Mathis? Was willst du werden?” Die zwei Jungen musterten sich in der muffigen Dunkelheit, eingewickelt in zerfledderten alten Decken und Zeitungspapier. Mathis blonde Locken umrundeten sein kräftiges, entschlossenes Gesicht, seine grünen Augen beeindruckten Andre immer. Er selbst hatte einfache braune, ebenso war es mit seinen kurzen braunen Haaren.

“Ich? Ich will Clown werden.” Andre war überrascht. Es hätte ihn nicht gewundert hätte Mathis Fußballer oder Boxer werden wollen, er hatte für beides Talent, aber Clown? “Clowns bringen Kinder zum Lachen, und wann können Kinder wie wir schon mal lachen Andre?” Die Jungen nickten einander lächelnd zu, sie würden sich durchschlagen und ihre Träume würden sich erfüllen.

So dachten sie jedenfalls.

Es gab in der Gegend viele Verbrecher. Einer der schlimmsten war ein Mann namens Jean Mattheu, ein Handlanger einer der größten französischen Verbrecherbanden in Lyon. Jean und seine Kollegen hatten dafür zu sorgen Kinder einzufangen und sie für ihre Bosse zu verwenden. Die meisten wurden dazu gezwungen Taschendiebstähle zu begehen oder Leute zu überfallen. Junge Mädchen mussten sich verkaufen, wenn nicht schlimmeres.

Wo die Polizei wegschaute sahnten Jean und seine Leute ab. Es war nur eine Frage der Zeit bis sie auch Andre und Mathis fanden. Andre bebte fast vor Angst als der muskulöse Hüne vor ihnen stand, bei ihm drei andere die nicht minder gefährlich aussahen. Er sagte das sie hie in seinem Viertel lebten und das sie dafür “steuern” zahlen müssten.

Andre hätte aus Furcht allem zugestimmt doch Mathis erklärte das sie das nicht machen würden. Mathis war schnell doch nicht mal er konnte auf den Schlag reagieren der ihn zu Boden warf. Andre schrie Mathis Namen.

Doch Jean war schneller, trat Andre weg und zerrte den blonden Jungen wieder an seinem Hemd auf die Füße, Blut lief ihm aus der Nase. “Na Freund, hast du immer noch so ein großes Maul?” fragte der muskulöse Schläger lächelnd. Doch er kannte Mathis nicht, der selbst in solchen Situationen nicht aufgab. “Immerhin stinkt es nicht so wie deines du Salaud!”

Wütend wollte Jean ihm einen weiteren Schlag ins Gesicht geben, doch Mathis riss sich los und wuchtete seine Faust in den Magen des Mannes. Jeder Junge war unter solch einem Schlag zusammengesackt doch Jean war ein erwachsener Mann und so keuchte er nur einen Moment, und dann traf sein Fuß Mathis Brustkorb schwer, Andres Freund flog regelrecht zurück.

“Nein bitte, ich!” schrie Andre schon, doch zwei Mann hielten ihn schon fest, er konnte nichts tun. Mathis lag weiter benommen am Boden, während Jean sich langsam neben ihn hockte. “Du hast mich angegriffen du Stück Dreck!” Wütend zog der Schläger etwas unter seiner Jacke hervor, und Andre schrie als er erkannte was: Einen Schraubenschlüssel!

“Das wirst du mir büßen...”

“MATHIS” brüllte Andre doch es war zu spät, schon wuchtete die stumpfe Waffe auf den blonden Jungen ein. Und wieder, und wieder.

Andre schrie während Mathis unter schmerzen brüllte.

Andre schrie während Jean wieder und wieder mit dem Schraubenschlüssel auf Mathis einschlug, die Spitze war dunkel vom Blut des Jungen.

Andre schrie während Jeans Kumpane ihren Chef anfeuerten und lachten.

Andre schrie als Jean Mathis Hand unter seinen Stahlkappenstiefel zerquetschte.

Und hatte Andre keine Kraft mehr in den Lungen, und brach weinend zwischen den Männern zusammen. Jean drehte sich lächelnd zu Andre, in seinen Augen eune boshafte Mordlust. Sein Hemd war von Mathis Blut gesprenkelt, wie ein Henker hob er den Schraubenschlüssel...

“Jean, die Polizei!”
Ärgerlich hörte der Schläger die Sirenen, einige Anwohner mussten die Gendarmerie alarmiert haben. Natürlich waren Polizisten bestechlich, doch vor Zeugen konnte Jean sich schlecht raus reden.

“Lasst uns verschwinden, beeilt euch!”

Andre wurde zur Seite gestoßen während die Männer schnell das weite suchten. Er rappelte sich sofort auf, kroch heulend und keuchend zu seinem Freund.

Mathis lebte noch.

Was aber nur daran zu erkennen war das sein Brustkorb sich hoch. Andre hob den Oberkörper seines Freundes an. Das Gesicht war ein dunkelroter Brei, Nase und Kiefer waren aufgeschlagen, überall geplatzte Haut und Haarbüschel. “Mathis...” japste Andre hilflos. Er hatte seinen Freund im Stich gelassen, wo dieser ihn doch immer beschützt hatte. Letztendlich war der Umstand das Mathis ihn beschützen wollte der Grund des Unheils.

“N.....nicht....weinen...”

Andre hob mit verweinten Augen den Kopf, hörte nur als Hintergrundgeräusch das die Polizei kam. Mathis Gesicht war kaum zu erkennen, und doch....lächelte er? “Frère...bitte...”

Doch der verstümmelte Knabe war schon längst weggesackt, während Andre nur schrie....

-


“Er wird nicht wieder aufwachen, tut mir leid Junge.”

Der Arzt sah Andre ernst, wenn auch etwas abgestumpft an. Die Gewissheit konnte man nicht mit worten beschönigen oder irgendwie Abschwächen. Nochmals sah er sich die krankenakte an.

“Mehrere Schädeltraumas, der Frontalhirnlappen gequetscht, der Kiefer zertrümmert und gesplittert, zertrümmertes Nasenbein, irreparable Schädigung des Nervensystems, Verlust des rechten Auges, rechter Mittel, Ring und Zeigefinger mussten amputiert werden, Handgelenk gebrochen...”

Der Doktor rasselte das alles stoisch wie eine Einkaufsliste herunter, doch andre hörte ihm nicht zu. Stumm und kraftlos musterte er nur Mathis wie er in seinem Krankenbett lag. Den Kopf fast Vollständig Bandagiert, ebenso die rechte, nun fast nutzlose Hand. Mehrere Schläuche führten in deinen Mund und in seine Nase, seine Blase und seinem Bauch. Andre sah alleine vier Monitore die Mathis Herzschlag verzeichneten und einen der die Hirnfrequenz anzeigte.

Die Linie zeigte in kurzen abständen kleine Intervalle.
“Das sind nur Reflexe des Nervensystems, dein Freund ist Hirntot. Da er keine Eltern hatte wird der Staat seine Lebenserhaltung übernehmen, doch er wird so oder so nie wieder aufwachen.”

Andre sagte nichts, sondern blickte nur schweigend auf den vermummten Kopf seines besten Freundes...

Er kam danach sofort in ein Waisenhaus, riss aber schon nach wenigen Tagen aus. Es war für ihn ungewohnt ohne Mathis und ganz alleine auf den Straßen zurechtzukommen doch er vermied es in Gruppengebieten herumzulungern und hielt sich von allem Ärger fern. Öfters ging er an einem Landwehrkanal und verspeiste dort schweigend seine meistens geklauten Nahrungsmittel.

Ab und an ertappte er sich bei dem Gedanken in den Kanal zu springen, sich treiben zu lassen durch das brackige Wasser hinab in die Müllbeladenen tiefen...letztendlich hatte er aber nicht den Mut dazu, außerdem war da noch Mathis.

Fünf Wochen waren seid dem Überfall vergangen und so oft es ging schlich sich Andre ins Krankenhaus um Mathis zu sehen. Es war als würde man einen Toten besuchen, mit der Ausnahme das noch Leben in dem Jungen war.

Genau einen Tag später sah Andre den Schläger Jean Mattheu wieder. Er und drei seiner Helfershelfer hatten sich an einer der Gassenecken um ein junges Mädchen versammelt. Andre kannte sie vom sehen, wusste das sie sich bei einigen Jugendbanden herumtrieb. Sie war recht Hübsch für ihr Alter, und genau das machte sie zum Ziel für Jean.

Andre beobachtete aus Entfernung wie er ihr die hand an die Wange legte, behutsam auf sie einredete während das Mädchen nur zitterte. Viele Mädchen wurden von Jean abgeworben um sich und ihre Seele zu verkaufen...

Der erste Instinkt von Andre war wegzulaufen, doch etwas hielt ihn ab. Wäre mathis weggelaufen? Nein, er hatte immer versucht den Unschuldigen zu helfen! Wollte Andre nicht selbst Polizist werden? Wie konnte er sich solchen Träumereien hingeben wenn er nicht mal versuchte zu helfen?!

Was ihn auch Trieb: Wut, Angst, Schuldgefühle oder sein Gerechtigkeitssinn, in einer Sekunde auf die andere hatte Andre sich einen Wackerstein geschnappt und rannte wütend und brüllend auf die vier Schläger zu.

Es war aussichtslos. Ohne große Mühe wich der erste Mann, ein wahrer Hüne zur Seite, da spürte Andre auch schon einen Schlag in die Magengrube, Jean hatte punktgenau getroffen. Andre ging japsend zu Boden, nur um sofort wieder von einer Hand hochgezerrt zu werden.

“Was sollte das den werden kleiner Bastard hm? Kenne ich dich?!”

Andre wurde wütend, schlug blind und besinnungslos um sich, doch Jean drückte den Jungen spielend an die Wand.

“Jean, die Kleine ist abgehauen!”

Das kam von dem Hünen, der irritiert die Straße entlang sah. Trotz der Schmerzen überkam Andre ein kurzes Gefühl von Triumph: Wenigstens würde sein Opfer nicht umsonst gewesen sein.

Doch für ihn sah es weniger gut aus, Jean fluchte leise wieder wuchtete er seine Faust in Andres Magengrube, der Junge brach trocken Galle, rang um Luft. “Das ist deine Schuld du kleines Stück Dreck! Hey....kenne ich dich? HEY! Bist du nicht der kleine Versager mit dem Freund? Das war ein Spaß!”

“VERRECKE!” brüllte Andre ihm wütend entgegen. Doch Jean tat nichts dergleichen, zog statt dessen ein Klappmesser. “Ts ts...ich glaube du musst unseren Verlust wieder gutmachen...ich kann dich ja ein wenig aufschneiden, aber vorher kann dich ja Julien hier haben” er deutete auf den Hünen. “Nicht wahr Julien? Du magst doch kleine Jungs, nicht?”

Der Riese lächelte hässlich, leckte sich vielsagend mit der Zunge über die breiten, brutalen Lippen. Jean nickte zufrieden “Und danach wenn du bettelst das wir dich umbringen schneid ich dich auf wie eine Forelle...”

Irritiert hielt der Schläger inne als eine Person die Gasse betrat. Die Männer drehten sich herausfordernd um, wer war so dumm hier jetzt auf sich aufmerksam zu machen? Selbst Andre nutzte den Moment um einen Blick zur Seite zu werfen, doch auch er traute seinen Augen nicht...

“Was soll DAS den?” fragte Jean überrascht.

Vor ihnen stand ein Clown. Ein typischer französischer geschminkter Mann mit weißem Hemd, roten Hosenträgern und passender Schwarzer Hose. Sein Gesicht war Schneeweiß geschminkt, auf seiner Wange eine dicke schwarze Träne, ein Zylinder und ein Gehstock rundeten das bizarre Erscheinungsbild ab. Andre konnte nur fassungslos dreinschauen während der Fremde Akteur mit einer fließenden Bewegung den Zylinder abnahm und sich vor der gruppe verbeugte.

“Verpiss dich Con, du bist hier in der Falschen Gegend!” Jeans Drohung war unverhohlen, während er immer noch Andre am Kragen hielt. Doch der geschminkte Fremde legte nur neugierig den Kopf schräg, wippte seinen Stock auf den Fußspitzen und schien keine Anstalten machen zu gehen.

“Julien!” bellte Jean auffordernd, schon war der Schläger beim Harlekin, griff nach ihm mit seiner riesigen Pranke.

“Pass auf!” warnte Andre den Fremden, er wusste selbst nicht warum. Der Clown schien keine angst zu haben, geschickt hob er den Stock und haute fast tadelnd dem Riesen auf dem Arm. Es war eher ein schwacher Schlag, doch der Effekt war bizarr. Juliens Arm fuhr noch vor, doch da wo der Stock ihn antippte knickte der Knochen mit einem lauten Knirschen herunter als wäre ein Stahlträger heruntergefallen.

Alle hielten überrascht inne. Niemand begriff die Situation die eben eingetreten war, am allerwenigsten Julien, der seinen Abgeknickten Arm verwirrt ansah während sich sein Ärmel dunkel färbte. “Großer Gott!” schrie einer der Männer neben Andre fassungslos, und dann brüllte auch Julien auf, hielt sich kreischend den Arm während der Clown immer noch dastand als könnte ihn kein Wässerchen trüben.

Brüllend sprang Julien, wahnsinnig vor Wut und Schmerz vor, niemand hätte diesem Riesen eine solche Geschwindigkeit zugetraut, doch sein Gegenüber wich so problemlos zurück als wäre es ein Tanz zwischen den Beiden. Die andere Hand von Julien griff ins Leere, als der Clown ausholte, diesmal traf er Juliens Schädel.

Andre schloss die Augen.

Ein grauenhaftes Geräusch wie von zertretenem Obst war zu hören als der Gehstock auf den Schädel aufprallte, und eine sichtbare druckstele im Gesicht hinterließ. Die Linke Gesichtshälfte des Mannes war in seinen Kopf gewuchtet worden, das Auge floss über die offenen Wangenknochen den zermalmten Kiefer hinunter, während Julien leblos zur Seite kippte.

Seid dem Erscheinen des Clowns waren keine zwei Minuten vergangen. Die restlichen Schlägern und Jean musterten den Fremden fassungslos, der Anführer lies sogar Andre los doch auch der Junge war viel zu geschockt um ans Weglaufen zu denken. Wer war dieser Mann...er hatte etwas vertrautes...aber...nein das konnte nicht sein!

“MACHT IHN KALT, LOS!” kreischt Jean wütend, fast schon Panisch. Fast eher aus Reflex als aus Überlegung stürmten die anderen beiden Handlanger auf den Clown zu.

Die blutige Vorstellung ging weiter.

Wie in Trance wirbelte die geschminkte Vor, direkt auf den ersten Angreifer, der Stock wirbelte vor. Diesmal zerdrückte er den Schädel dabei nicht.

Der Kopf wurde vollständig vom Hals gewuchtet, flog bis zu einer Gassenmauer. Bevor der Andere Schläger das überhaupt verarbeiten konnte war der Clown schon bei ihm, ein hieb traf seinen Magen, er röchelte.

Mit einer Mischung aus Faszination und Schrecken sahen Jean und Andre tatenlos zu wie der Clown dem Mann.....Bänder aus dem Mund zog! Wie bei einem Zaubertrick zog er dem Mann Bänder zwischen den Zähnen hervor, blaue, grüne...und dann...

“Gott” erklärte Jean der ansonsten so abgebrühte Mann nur mit einem Wort. Andre wunderte sich wieso das letzte Tuch lang und rund war...der Schläger röchelte als ihm der Clown den Darm zwischen den Zähnen hervorzog wie eine Schnur! Der Mann starrte nur gurgelnd auf die Eingeweide die wie eine Luftschlange aus seinem Körper gerollt wurden, Blut lief ihm aus den Augen, bis der Clown innehielt.

Mit einem Ruck riss er das Ende ab das zwischen dem Mund des Schlägers hervor lugte. Als er leblos auf den Boden Aufschlug hatte sich Jean an die Wand gepresst, seine Augen schreckengeweitet. Langsam, ohne auch nur das Gesicht zu verziehen ging der Clown, Andres bizarrer Retter auf Jean zu.

“Nein Nein” stammelte dieser, seine Stimme ein wehleidiges Zittern. Der Clown holte aus...

Und verharrte.

Andre sah verwirrt zu wie der Geschminkte Harlekin innehielt, sich krümmte, ja... flackerte Andre hätte es nicht beschreiben können aber es sah so aus als würde der Clown an Kontur verlieren! Jean sah seine Chance und hastet, fast stolpernd de Gasse hinunter, nur weg von diesem grausamen Monstrum in der Clownsgestalt.

Diese krümmte sich weiter, wurde langsam blasser. Andre wusste nicht wieso aber er wusste trotz der Szenen eben musste er keine Angst haben. Vorsichtig, zögernd ging er auf die schwach schimmernde Gestalt zu.

“Bist du?”

Das Geschminkte Gesicht musterte ihn ernst, nachdenklich, etwas leidend.

Und dann war er weg.

Er verblasste nicht weiter oder löste sich in Rauch auf, er war einfach nicht mehr da. Andre hatte keine Gelegenheit darüber nachzudenken, den schön hörte er die Sirenen der Gendarmerie in der Ferne, sah ein das er von hier weg musste. Wer immer der Clown war, er hatte ihn gerettet. Doch noch war es nicht vorbei.

-


“Ein Clown?” fragte der Mann leise. Jean war immer noch blass, kippte sein drittes Glas Whiskey in einem Zug hinunter, in seinem ganzen Leben hatte er nie so gezittert. Es dauerte fast eine geschlagene Minute bevor er seinem Boss antworten konnte.

“Es klingt verrückt ja aber da war dieser Straßenjunge, dieser kleine Bàtard und auf einmal kam dieser Clown...Marcel glaub mir!”

Jean Mattheu’s Boss war ein Mann Namens Marcel. Niemand kannte seinen Nachnamen und niemand war so dumm danach zu fragen. Wenn Jean schon schlimm war dann war Marcel die Hölle in Person.

“Und sie sind alle tot? Wegen einem Jungen und einem Clown?”

“Marcel ich schwöre dir das war kein gewöhnlicher...es war...bitte gib mir eine Chance! Der wird bezahlen, ich...”

Marcel setzte sich von seinem Barhocker auf.

“Ja bezahlen wird er” stimmte er mit Jean überein. Jean zuckte überrascht auf als ihn das Messer knapp unter dem Herzen durchbohrte. Fassungslos musterte er seinen Mörder. Dieser verzog keine Miene als Jean zusammenbrach.

“Aber du wirst es nicht mehr erleben du Versager!”

An diesem Abend starb Jean Mattheu auf dem Boden einer Kneipe. Sein Boss trat solange auf ihn ein bis er sich nicht mehr rührte, alles unter den stummen Augen der anderen Verbrecher. Als Marcel fertig war setzte er sich wieder an die Theke, trank seinerseits weiter. “Und Morgen kümmere ich mich persönlich um das Problem...”

-


Der Monitor zeigte keine Veränderungen. Andre starrte stumpf auf die Linie wo nur kleine Intervalle zu sehen waren. Mathis lag immer noch mit verbundenem Kopf im Krankenbett. Seine Muskeln waren inzwischen schon verkümmert, seine Lippen rau und aufgesprungen, da wo der Schlauch zwischen den Zähnen steckte zeichneten sich Druckstellen ab.

Andre wusste das Mathis eigentlich schon tot war. Doch der Clown...konnte es irgendwie möglich sein?

“Mathis...könntest du mir doch nur sagen...” Andre schüttelte den Kopf, er wollte nicht mehr jammern und klagen. Was auch passierte er würde sich nicht mehr unterkriegen lassen. Mit diesen Gedanken beschwingt ging er wieder in sein Straßenviertel.

Dann packte ihn jemand von hinten, drückte ihm ein Messer an die Kehle.

“Du bist also der Junge oder?” Andre schluckte, als vor ihm ein Mann aus dem Schatten trat. Er kannte ihn nicht doch seine Augen zeigten eine beängstigende Leere, wie Andre sie von Jean kannte. Doch dieser Mann war noch schlimmer.

“Halt ihn gut fest” orderte er seinem Mann der Andre festhielt, ihm das Messer an die Gurgel drückte. Der Anführer lächelte knapp, kalt und irgendwie niederträchtig, ging vor Andre in die Hocke und musterte ihn wie ein seltenes Insekt.

“Du bist der Freund von diesem Clown oder? Ich bin Marcel, und ich will deinen Freund gerne treffen.”

Andre sagte nichts. Was hätte er auch sagen sollen?

“Willst du nicht? Komm schon, ich will dir ungerne wehtun...meine Männer hätten da weniger Hemmungen. Nicht wahr?”

Andre spürte den Druck des Messers an seinem Hals, er schwitzte, mustert die kalten Augen seines Gegenübers. Doch wieder sagte er nichts.

“Das ist wirklich bedauerlich, aber ich bekomme schon die Informationen die ich will, denn...”

“BOSS!”

Alle drehten sich herum. Andre’s Herz schlug schneller. Auf einer Gassenmauer saß niemand anderes als der Clown! Den Zylinder ins Gesicht gezogen hob er ihn langsam an, lächelte sein Stummes lächeln und musterte die Männer. Andre strahlte, doch Marcel mustert den Harlekin unbeeindruckt. “Das war also kein Märchen...also gut”

In einer fließenden Bewegung zog der Gangster eine schwarz glänzende Pistole.

“Ende der Vorstellung!”

Andre wollte schreien doch zu spät. Der Schuss löste sich und der Clown flog rücklings getroffen die Mauer hinunter. “Neeeein, bitte!” jaulte Andre getroffen, wollte sich losreißen, doch Marcels Männer hielten ihn fest. Böse lächelnd wandte dieser sich wieder dem Jungen zu. “Und nun zu dir, du hast mir viel ärger gemacht...ich denke wir müssen an dir ein Exempel statuieren, das diese kleinen Ratten sich nie wieder gegen mich auflehen!”

Andre erstarrte, aber nicht aus Angst. Marcel folgte überrumpelt seinem Blick.

Der Clown stand wieder auf der Gassenmauer, lächelte rätselhaft. “Hab ich ihn verfehlt?” murmelte Marcel etwas verwirrt, wie konnte das passieren? Doch dann gewann er wieder seine Selbstsicherheit wieder. “Dann hab ich dich wohl verfehlt mon Amie! Aber komm mir nicht dumm, sonst schlitzt mein Mann den Jungen auf! Und das willst du doch nicht oder?”

Wie zur Unterstreichung spürte Andre wie die kalte Klinge sich gegen seinen Hals drückte, er keuchte Panisch. Marcel legte vielsagend die Arme vor die Brust. Doch der Clown schien nicht beeindruckt. Vorsichtig hob er eine seiner behandschuhten Hände, öffnete sie auf Augenhöhe.

Alle lehnte sich instinktiv etwas vor um zu erkennen was der Harklekin da in der Hand hielt. Es war klein, ein glitzernder Klumpen...

Es war die Pistolenkugel.

“Das kann niemals...” erklärte Marcel ungläubig.

Der Clown wackelte mahnend und lächelnd mit dem Finger, schnippte die Kugel aus seiner Hand.

Der Effekt war spektakulär.

Mit einer überirdischen Geschwindigkeit jagte die Kugel auf die Gruppe zu. Andre spürte wie etwas ruckte. Der Mann hinter ihm der ihn bedroht hatte wurde mit einem Ruck zurückgerissen als die Kugel durch seinen Schädel jagte und wegriss.

“Tötet ihn!”

Die restlichen drei Männer eröffneten sofort das Feuer auf den Clown, doch dieser sprang mit unmenschlicher Geschwindigkeit zur Seite, aus dem Blickfeld der Männer. Andre nutzte diesen Moment um sich in einen Hauseingang zu drücken, während die Verbrecher mit gezückten Pistolen sich nervös umsahen.

“Das kann doch kein Mensch sein” ächzte einer von Marcels Männer nervös.

“Halts Maul Con, das ist doch nur irgend ein Trick!” bettelte der Boss wütend, aber auch nervös.

Dann verlor der dritte Mann die nerven. “Ich hab keine Lust für diesen Quark draufzugehen, leckt mich!” jaulte er, hastete die Gasse hinunter. “Bleib hier, das wirst du büßen” brüllte ihm Marcel hinterher, doch das war gar nicht nötig. Der Mann blieb wie erstarrt stehen, vor ihm Stand der Clown, in seinen Armen ein Artisten Reifen, wie ihn Kinder nutzten.

“VERRECKE!” jaulte der Gangster, schoss sein Magazin auf den Clown. Dieser wirbelte den vollkommen offenen Reifen vor sich, doch keine Kugel traf ihn! “Nein, nein, das geht nicht!” schrie der Mann fassungslos, selbst Marcel und der andere Handlanger waren gebannt von dem ganzen.

Der Clown, immer noch schweigsam und immer noch lächelnd warf den Reifen nach dem Mann. Der Reifen traf genau und drehte sich kreisend um Hals, Bauch und Hüfte des Verbrechers der nur verdattert dastand. Mit einem Klappern berührte der Reifen den Boden.

Keiner rührte sich.

“Was ist los?” fragte Marcel panisch. “Nun mach...”

Ohne ein Geräusch zu machen zerfiel der Mann in drei Teile. Der Reifen hatte ihn wie durch Magie an den Stellen fein säuberlich durchtrennt. “Das ist der Teufel, das ist Hexerei” kreischte nun auch der Letzte von Marcels Männern und versuchte sich in der anderen Richtung über die Gassenmauer zu retten.

Andre wusste das er keine Chance hatte, aber dieses blutige Schauspiel war so grauenhaft. Der Mann war inzwischen auf der Mauer angekommen...nur um auf die Füße des Clowns zu starren der lächelnd wie ein Henker vor ihm Stand.

“Nein Nein, bitte bitte!” kreischte der Mann panisch als der Clown seinen Gehstock anhob.

“MATHIS, BITTE NICHT!” brüllte Andre plötzlich. Der Clown hielt inne, musterte Andre nun erschrocken. Andre ging unsicher einen Schritt vor. Innerlich hatte er immer gewusst das der Clown Mathis war. Wie das ging wusste er nicht, aber sein innerstes spürte die Vertrautheit. “Mathis bitte, es reicht, ich denke...”

Der Clown flackerte wieder. Andre sah mit schrecken wie die Konturen seines Rächers wieder verblassten. Und dann war er wieder weg. Fassungslos fiel der Handlanger wieder zurück in die Gasse, er zitterte am ganzen Leib. Andre hatte keine Gelegenheit das ganze zu verarbeiten, den da war Marcel vor ihm. Der ach so harte Gangster war schneeweiß, doch noch war er nicht am Ende. Mit kraft packte er sich Andre, zog ihn zu sich.

“Wie hast du ihn genannt? Wer ist das, los rede!” Der Verbrecherboss war fast Wahnsinnig vor Angst und Wut. “Wer ist Mathis, du hast ihn so genannt, sag es mir!”

“Er war...ist mein Freund, deine Leute haben ihn fast umgebr...” Andre sah den Pistolenknauf nicht kommen. Mit Wucht traft er ihn an der Schläfe, und dann kippte seine Welt in Dunkelheit, seine Beine gaben nach. Nur noch Schwach vernahm er Marcel’s Stimme.

“Das ist das Kind das Jean ins Krankenhaus brachte, der Bàtard hat damit etwas zu tun! Ich werde die Sache beenden!”

Die Worte drangen an Andres Ohren, aber er hatte nicht die Kraft zu antworten.

“Nnn...nein” kam es nur gequält von seinen Lippen. Dann verlor er das Bewusstsein.

-

“Hast du herausgefunden wo die Ratte liegt?” Marcel war ungeduldig. Die letzte Stunde hatte er zwei seiner Männer auf bizarre weise verloren und er würde den Teufel tun der nächste zu sein. Sein verbliebender Mann war noch schlimmer dran, nur mit Mühe hatte er die Fassung wiedergewonnen, und erst als Marcel ihn mit der Pistole bedrohte erklärte er sich dazu bereit seinen Boss in das Krankenhaus zu begleiten.

“J...ja Boss, Zimmer 122, aber ich ich....” stammelte der Mann, er war nur noch der Schatten eines Menschen. Wütend zerrte Marcel denn Mann zu sich, drückte ihm die Pistole an den Bauch. “Wir bringen das zu ende! Ich weiß nicht wieso aber wenn der Junge tot ist wird dieser Spuk enden! Komm!”

Indessen erwachte Andre auf dem Boden der Gasse. Eine alte Frau beugte sich über ihn, besorgt. “Was ist den Los ma Chèrie ? Wurdest du überfallen?”

“Ich...” dann fiel Andre alles ein. Marcel. Mathis!

Ohne weiteres stürmte er an der Frau vorbei Richtung Krankenhaus.
-


“Wie soll...dieser Junge...das gemacht haben?” verwirrt musterten die beiden Gangster den leblosen Jungen der im Krankenbett lag. Der Monitor zeigte eine schwache Linie, ein Urinbeutel hing neben dem Bett. Man hatte Mathis Stoffbandagen in die Hände gedrückt damit seine Hände nicht verkrampften und verkrüppelten.

Nicht das es jetzt noch von Bedeutung war.

“Das ist doch nicht möglich” setzte der Handlanger verwirrt vor. “Du Pokemon, war es möglich das Rene in Teile zerfällt! Zieh den Stecker da, der versorgt ihn mit Sauerstoff.”

“Aber...”

“Es wird wie ein Unfall aussehen, TU ES!”

-


Mit überirdischer Geschwindigkeit hatte Andre das Krankenhaus, hastete an den Schwestern und Besuchern vorbei Richtung Treppe, das einzige was er immer nur von sich gab war “Mathis”. Er nahm zwei Stufen auf einmal, sein Herz pochte, er durfte nicht zu spät kommen!

Mit Wucht schleuderte er die Tür fast auf. Und sah es. Marcel und sein Handlanger standen vor Mathis Krankenbett. Der Monitor zeigte nur eine Linie, keine Intervalle.

“NEEEIN!” jaulte Andre vor Wut, Trauer und Schmerz, hastete zu Mathis doch die Männer fingen ihn ab.

“Du kommst zu spät, dein wundebarer Freund ist gleich erstickt!” Marcel drückte ihm die Hand auf den Mund. Der Junge schrie und schrie wirkungslos, Tränen rannten ihm in strömen über die Augen, er hatte es nicht verhindern können. Der kleine Körper im Krankenbett bäumte sich eine Sekunde nochmal auf.

Und dann starb Mathis.

Andre schrie immer noch gedämpft in die Hand von Marcel. Fast so als hätte er seinen Freund zum zweitenmal verloren. Doch der Gangster wirkte zufrieden. “Das wars wohl...und du mein kleiner Freund machst nun einen Flug von der Terrasse” ernst musterte er seinen Handlanger. “Mach die Tür auf!”

Andre war kraftlos zusammengesackt, schaute nur noch gebrochen vor sich ins Nichts. Die Männer zerrten ihn ohne Mühe durch das Zimmer auf die große Terrasse. Es war der dritte Stock der Wind wehte leicht. “Tja du kleine Ratte, du hast es wirklich geschafft mich zu ärgern, aber jetzt erwartet dich nur noch der Boden!”

“Du irrst dich Freund!”

Andre hob den Kopf.

Der Clown stand lächelnd vor ihnen, und er wirkte realer als je zuvor. “Was? Aber?” Marcel wirkte benommen. Der Clown lächelte, und diesmal sprach er. “Ich muss dir danken mon Amie! Endlich bin ich nicht mehr an meine sterbliche Hülle gebunden, und kann mich voll und ganz euch widmen!”

“Nein Nein das gibts nicht!” jaulte der Handlanger panisch. Plötzlich stand der Clown direkt grinsend vor ihm. Der Gangster bemerkte etwas hinter sich. Eine große Kiste. “NEIN!” brüllte er, doch schon hatte ihn der Harlekin hinein geschubst, die drei Teil-Türen schlossen sich von alleine.

Andre schaute weg, selbst er konnte sich das nicht ansehen. Mit Geschick teilte sich die Kiste und baute sich andersartig wieder zusammen. “Viola!” erklärte der Clown und klopfte auf die Kiste. Andre sah nicht hin, er sah aus den Augenwinkeln schon eine verkrüppelte...Gestalt die sich kreischend und blutend im inneren der Kiste befand.

“Du bist nicht real! Du bist eine Illusion!” brüllte Marcel wütend und panisch. Andre sah auf. Die Kiste war samt Gangster verschwunden. Der Clown verneigte sich plötzlich, nahm seinen Zylinder ab.

“Du hast recht mon Amie! Das ganze war nur eine Vorstellung...und die geht jetzt zuende.”

“Genau” erklärte Marcel , legte auf den Clown an...

Doch zu spät.

Andre sah....Tauben! Dutzende weiße Tauben flogen wie durch Magie aus dem Zylinder des Clowns, faltterten flügelschlagend Marcel entgegen, umkreisten ihn wie ein weißer Wirbelsturm aus Federn und Schnäbel. Der Verbrecherboss schlug blind und panisch um sich.

“Geht weg ihr Migeburten, weg!”

Andre sah wie Marcel rücklings über eine Kante stolperte.

Der Gangsterboss sah keine Tauben mehr. Aber die Welt die Kippte. Er sah die Terrasse und das letzte bevor er aufschlug war das ewig lächelnde Gesicht des Clowns...

 

-


Die Zeit hatte aufgehört für Andre. Fassungslos sah er sich den Clown an. Dieser musterte ihn, und lächelte. Aber diesmal war es ein ehrliches, warmes Lächeln. “M...Mathis?”

“Ja Frère

Verwirrt starrte er auf den Harelkin, dann in das Zimmer wo er immer noch Mathis toten Körper sah.

“Aber wie...?”

“Das weiß ich selber nicht...aber ich wollte dir sagen das du dir keine Vorwürfe machen sollst.”

“Aber Mathis...”

“Nein! Wir Leben unser Leben, und alles was passiert verantworten wir für uns. Sei dir sicher, wenn es etwas zu bereuen gibt dann nur die kurze gemeinsame Zeit die wir hatten...”

“Mathis ich kann nicht ohne...”

Der Clown umarmte den Jungen warm und fest.

“Doch, du kannst...das hast du bereits bewiesen, und wenn es doch etwas gibt...ich werde über dich Wachen...”

Andre schluchzte, und selbst dem Clown liefen nun Tränen über die Wangen, verwischten seine Schminke.

“Lebe für uns beide!”

Als Andre schwach, doch irgendwie glücklich nickte war der Clown verschwunden.
-


Andre wanderte durch die Straßen. Die Kinder kamen ihm lachend entgegen, und er hatte immer einige Süßigkeiten für sie in der Tasche. Er war nun seid drei Jahren Gendarm und froh mit seinem Leben.

Er erklärte den Kindern das sie auf sich aufpassen sollten und bei Gefahr zu ihm kommen sollten, er würde sie nicht im stich lassen. Dann sah er über die Gassen von Lyon. Die Sonne ging langsam unter, und seine Frau würde nun mit dem Essen auf ihn warten.

Plötzlich erkannte er in der Ferne einen Umriss auf den Dächern. Er könnte es nicht beschwören ob es nur ein Schatten, ein Umriss oder pure Einbildung war. Doch es schien ihm so als würde jemand vor ihm den Hut ziehen. Einen Zylinder.

“Ich werde dich nie vergessen Mathis” murmelte der Gendarm leise, und hob seinem Freund die Mütze zum gruß in die Abendsonne.


Ende

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