Episode 11

Eine weite Reise

oder

Wo bitte geht's nach Hero Hometown?

Ich kehre Heim Yu.”


Der kleine Kerl hatte es nicht glauben wollen. Nach all den Abenteuern verließt ihn nun Ami, die Heldin die durch verrückte Umstände mehrere Wochen seine Mitbewohnerin geworden war. Er wusste das dieser Zustand nicht von Dauer sein konnte, sein durfte. Ein angehender Schurke und eine Heldin in Ausbildung unter einem Dach klang eher nach einer schlechten Komödie als nach Alltag.


Yu sollte froh sein ein Problem weniger zu haben.


Und dennoch war er eher niedergeschlagen. Natürlich hatte er das nicht gezeigt. Als Ami ihm ihre Pläne offenbarte hatte er natürlich Verständnis geheuchelt. Es war das Beste für Beide. Keiner müsste sich noch als Verräter seiner Lebensweise fühlen und hätte wieder ein ruhiges Gewissen. Ami wollte wieder nach Hause. Yu konnte es ihr nicht verdenken.


Einem Helden konnte es hier niemals gefallen.


-


Ich finde es schade” gab Frau Yushiki betrübt zu. Yu’s Mutter hatte sich mit dem Mädchen immer sehr gut verstanden und war sichtlich überrascht gewesen als man ihr die Nachricht überbrachte. “Muss sie denn wirklich wieder zu ihren Verwandten?” Yu machte eine abwehrende Geste. “Das sagte ich doch, wieso machst du so ein großes Tam-Tam darum?”


Ich dachte ihr Beide versteht euch so gut...”

WAS? Vorgestern hat sie mich im Wohnzimmer mit Artilleriefeuer eingedeckt!”

Ich weiß, ich durfte hinter euch Aufräumen.”

Und was war Dienstag? Nur weil ich sagte sie schlürfe die Suppe wie ein zahnloser Opa hat sie mich quer durch den Garten gejagt! Und das nennst du gut verstehen?!”


Frau Yushiki lächelte. “Als ich und dein Vater in dem Alter waren ging es bei uns auch immer sehr...leidenschaftlich zu!” sie kicherte, was Yu erröten ließ. “Mamma! Das ist doch was ganz anderes!”


Auf einmal stand Ami in der Tür. “Ich habe dann alles.” Sie musterte den Jungen und seine Mutter, lächelte höflich, aber unsicher. Frau Yushiki stand sofort auf und umarmte das Mädchen. “Es war schön das du hier warst, besuche uns bald wieder!” Ami bekam nur ein schwaches Nicken zustande. Dann stand ihr Yu gegenüber, suchte nach Worten.


Also...”

Die Heldin Undercover räusperte sich. “Ja...”

Beide bemerkten überrascht das Frau Yushiki in die Küche gegangen war. Nun waren sie allein.


Reichen deine Energien für den Heimflug?”

Ja, ich habe es zweimal überprüft.”

Gut”


Eine unangenehme Stille auf beiden Seiten trat ein während sie sich angestrengt bemühten in eine andere Richtung zu schauen. Letztendlich brach Ami das schweigen. “Tja das war es dann wohl.”

Hmhm.”


Zwei gequälte Lächeln tauschten sich aus. Yu wusste nicht was nun angebracht wäre, als das Mädchen ihm plötzlich ihre Hand entgegenstreckte. “Es war mir trotz allem nett bei dir” erklärte sie. Träge ergriff er die Hand, schüttelte sie eher automatisch und plötzlich versagte ihm die Stimme. “Es” er ächzte laut. Ami zwinkerte irritiert. Doch dann schaffte es Yu plötzlich sehr abgeklärt dreinzublicken. “Verfliege dich nicht auf dem Heimflug, man sieht sich sicher mal bei Weltübernahmen und sowas.” Ami versprach auf sich aufzupassen, und drückte dann einen Knopf an ihrem Handgelenk. “RAL, Flugroute für den Heimreise bestätigen.”


-


Und dann war sie weg. Yu stand noch eine Weile im Garten und beobachtete den immer kleiner werdenden Punkt am Himmel. “Es war schön dich hier zuhaben” flüsterte er kaum hörbar. Etwas betrübt ging er wieder ins Haus, betrachtete Amis Zimmer. Wochenlang war das Gästezimmer von der Heldin in Ausbildung genutzt worden, und nun zeugte nichts mehr von ihr. Er besah sich das Bett, die Fenster. Und plötzlich machte sich eine Schwere in ihm breit. Er schüttelte ärgerlich den Kopf. Ami war fort. Er hatte keinerlei Gründe sie nochmals wiederzusehen. Ein Schurke sollte eher froh sein das ein Held nicht zu sehen war. Helden waren das größte Übel das einem Bösewicht widerfahren konnte. Auf einmal bemerkte er etwas auf der Kommode. Das Objekt war länglich, erst konnte Yu nichts damit anfangen, aber dann erkannte er es.


Ami’s Brillenetui! Urplötzlich durchströmten ihm wieder die Lebensgeister. Sie hatte es hier vergessen! Der Junge grinste. Er musste es ihr zurückgeben. Während er die Treppe herunter wirbelte nickte er vor sich hin. Er konnte unmöglich einem Helden etwas schulden. Es war also vollkommen logisch das er ihr das Etui nachtrug. Nicht etwa weil er nochmal mit ihr reden wollte oder ähnliches, er war lediglich ein Schurke der sich nichts von einem Helden nachsagen lassen wollte. Pure, eiskalte Logik. Das er dabei vor sich hin pfiff war blanker Zufall.


Wo willst du denn so plötzlich hin?” Seine Mutter stand am Ende der Treppe. Er war sichtlich aus dem Konzept gebracht und murmelte etwas von einer wichtigen Angelegenheit. Doch Frau Yushiki schien nicht überzeugt. “Du weißt das ich dir verboten habe die Stadt zu verlassen oder?” Yu schluckte. Er wich ihrem Blick aus und nickte schwach. “Ich ähm möchte nur in den fliegenden Holländer” behauptete er und hastete schnell an ihr vorbei. Genau auf der Türschwelle drehte sich seine Mutter nochmal zu ihm herum.


Yu Yushiki, schwindelst du mich etwa an?”


Tausend Gedanken rasten ihm durch den Kopf. Als Erzhalunke sollte man mindestens 20 Ausreden, Ausflüchte und Scheinlügen parat haben. Statt dessen drehte er sich zu ihr herum und bejahte ganz ruhig. Einen Moment herrschte Stille. Dann zu seiner Verwunderung... lächelte seine Mutter! “Das lob ich mir.” Dann wurde sie wieder ernster. “Und denk dran auf dich aufzupassen.” Nun lächelte auch Yu.


Kein Problem!”



-


Hero Hometown war der Ort an denen Helden geschaffen wurden. Eine Stadt mit Glanz und Gloria, wo jeder der Bewohner sich bemühte besser zu sein als ein normaler Mensch. Man musste das Beste aus sich herausholen, das hatten auch Amis Eltern immer von ihr gefordert und verlangt. Sie schnaubte bei dem Gedanken. Sie hatte es niemals als falsch empfunden ein Held zu sein, oder gutes zu tun. Das Problem war vielmehr das der Drang der Beste zu sein nie richtig zur Geltung kam wenn das ALLE versuchten.


Der beste Held zu sein, der schnellste, der hilfreichste... das waren Vorgaben die man unmöglich immer und jederzeit einhalten konnte. Ami hätte es nie zugegeben aber in Villain Village hatte es ihr oft besser gefallen. Dort ERWARTETE niemand das man ein Held war... und paradoxerweise war es ihr dann umso leichter gefallen einer zu sein. Doch was wenn Heldenmut und Gutmütigkeit keine Ausnahme, sondern Voraussetzung war? Held sein nur weil man Held sein SOLLTE?


Sie schüttelte sich. Warum dachte sie in einem solchen Augenblick an Villain Village? Der Ort war ihr erklärtes Feindbild! Sie hatte dort nichts verloren.


Wir sind gleich am Ausgangspunkt” unterbrach RAL ihre Gedankengänge. Ami blickte Gedankenverloren auf die Stadt hinab. Alles strahlte übernatürlich und war in hellen, freundlichen Farben gehalten. Wie es für Hero Hometown üblich war gab es fast überall Statuen. Typischerweise errichteten eigentlich dankbare Menschen Stauen ihrer Helden, doch wenn es NUR Helden gab waren die dankbaren einfachen Menschen eher rar gesät. So war es üblich geworden das sich die Vorbilder und Ikonen ihre eigenen Denkmäler in Auftrag gaben. Auch kam es des öfteren vor das übereifrige Eltern ihren Kindern schon VORBEUGEND eine Statue für baldigen Heldentaten bauen ließen. Ami sah von weitem schon ihr steinernes Ebenbild, es überragte immerhin viele andere und zeigte sie in der imposanten “Hier ist der Held ich rette den Tag” Pose. (Diese Pose ist meistens die erste Hausaufgabe an der Heldenschule)


Ami hatte seit jeher Angst vor diesem Pseudo-Denkmal empfunden. Immerhin war sie das Sinnbild für Erwartungshaltung und Leistungsdruck. Andere Schüler hatten da weniger Probleme gehabt. Sie erinnerte sich sogar daran das manche ihre Statuen abändern ließen, ihnen mehr Muskeln und imposante Gesichtsausdrücke verliehen. Auch waren viele der Meinung Heldenstatuen mit Aknepickeln wären kein aussagekräftiges Werk. Mit einem seufzen landete sie neben den Gebäude in dem sie Aufgewachsen war. Mühsam hob sie ihren Kopf und zwang sich zu einem intensiven Blick auf die Haustür.


Sie war Daheim.


-


Yu hatte sich größere Schwierigkeiten ausgerechnet in die Stadt der Helden zu gelangen.


Sicher, ein Ort wo die Gerechtigkeit herrschte und die Tugend regierte würde wohl Imageprobleme bekommen wenn sie stacheldrahtbestückte Mauern oder Wachtürme mit Laserkanonen aufstellen würde. Doch als er nach einem mehrstündigen Fußmarsch (Schurken fuhren nie Fahrrad. Kinder die Piratenhöhlen entdeckten oder Pelzschmuggler aufspürten fuhren Fahrrad) die Stadtgrenze erreichte sah er nicht mal die Anzeichen einer Grenzkontrolle. Kein Schlagbaum, kein Wachhaus, nicht einmal ein Warnschild gab es. Der Junge wusste nicht WAS er erwartet hatte, aber dennoch war er ein wenig ernüchtert.


Auch die Stadt an sich sah eigentlich recht normal aus, auch wenn die fliegenden Menschen in grellen Kostümen Yu nervös machten. Natürlich war er fliegende Menschen, Leute mit Laseraugen und Designerlogos auf der Brust gewohnt, nur waren das alles eben keine Helden. Er beschloss unauffällig zu bleiben. Dieser Vorsatz hatte eine Wirkungsdauer von fast 30 Sekunden.


Willkommen in Hero Hometown” erklärte plötzlich jemand vor ihm auf dem Bürgersteig. Der kleine Kerl musste über den Anblick der sich ihm bot die Stirn runzeln. Wenn er es nicht besser gewusst hätte, dann wäre er zu dem Schluss gekommen das zwei Menschen sich wie ein Polizeiauto verkleidet hätten. Tatsächlich hatten die beiden Männer sichtbare Blaulichtsirenen auf ihren Köpfen und Rüstungen im passenden Look. Die Sonnenbrillen des Einen machte selbst dem Dümmsten klar das der Begriff “Ordnungshüter” hier wohl das Thema des modischen Auftretens war.


Guardian” erklärte der Erste energisch.


Protector” gab der Andere von sich.


Yu beobachtete wie sich beide synchron in eine Pose warfen. “Die Hüter der Stadt heißen dich willkommen!” Dem angehenden Schurken überlief ein kalter Schauer. Ausgerechnet den Ordnungskräften musste er vor die Füße laufen! Schweißperlen bildeten sich auf seiner Stirn. Hatte man ihn erkannt? Musste er sich nun auf einen Kampf gefasst machen? Sollte er nun weglaufen? Bevor er aber eine dieser Optionen erwägen konnte hatten die zwei Ordnungskräfte ihn schon umzingelt. Derjenige der sich als Guardian vorgestellte hatte hob seinen Arm und... reichte Yu die Hand.


Ich möchte sie offiziell Willkommen heißen lieber Besucher, wenn sie Fragen oder Probleme haben wenden sie sich an uns. “ Yu lächelte tapfer wenn auch überrumpelt über seine Fehleinschätzung.


Danke, ich wollte eigentlich nur zum Haus der Kagetomas...”


Kein Problem, zwei Straßen geradeaus und dann das erste Gebäude auf der rechten junger Freund.” Yu zuckte beim letzten Wort zusammen. “Freund” hatte ihn garantiert noch nie jemand in seinem Leben genannt. Er bemühte sich unschuldig auszusehen. “Ich weiß nicht wie ich ihnen danken soll...” erklärte er schwach, wurde aber sofort von Protector gebremst. “Nicht doch! Dein Dank ist uns genug!” erklärte dieser. “Hier hast du noch einige Broschüren über gesunde Zahnpflege, einen Gutschein für den Besuch des Streichelzoos und als Zusatz eine Trillerpfeife!” Yu kippte kurz seitlich weg. Was sollte er mit solch einem Trödel?! “Wenn Gefahr im Verzug ist kannst du die Pfeife betätigen, ich und mein Bruder eilen sofort zur Rettung!” Der Sohn des Master of Darkness blinzelte hörbar. “Ähmmm ja... ich mache mich dann mal auf den Weg.”


Nein!” erklärte Guardian energisch. “Dein Dank ist uns genug!”


Ich habe doch noch gar nicht gedankt” wandte Yu ein.


Die beiden Brüder hielten einen Moment inne. Dann endlich ergriff Guardian das Wort. “Dann... also dann...” er überlegte fieberhaft, lächelte auf einmal. “Also dann brauchen wir auch keinen Dank!” er nickte überzeugt. “Denn die Gewissheit etwas Gutes zu tun, das reicht uns!”


Der angehende Schurke bekam von dieser Logik langsam Kopfweh. Auf einmal begann die Sirene auf den Kopf seines Gegenübers aufzuleuchten! “Alarm Alarm!” teilte eine Stimme an Protectors Helm mit. “Alarmstufe Purpur!” Die Brüder sahen einander panisch an.


Purpur! Das heißt...” begann Guardian.


Yu spannte sich leicht an.


...einer der schlimmsten Fälle ist eingetreten!” bestätige Protector ernst.


Wenn er nun losrannte...


KÄTZCHEN IM BAUM!” erklärten die Heldenbrüder Synchron. Yu’s Kinnlade klappte runter während die beiden Ordnungshüter Räder an ihren Füßen ausklappten! “Auf zur Rettung!” und schon schossen beide mit einer Raketendüse am Rücken die Straße herunter. Zurück blieb ein verstörter, angehender Schurke.


Kätzchen?!”


-


Indessen hatte sich Ami zuhause etwas umgesehen. Kaum etwas war bewegt worden, kaum ein Möbelstück war überhaupt berührt. Ein leider allzu vertrauter Anblick. Ein träges Miauen grüßte sie als sie in die Küche ging. “Hallo Tugendtapser” grüßte sie ihre Familienkatze etwas beiläufig. Nicht das Ami keine Tierfreundin war, doch die rundliche, marzipanfarbene Katze hatte es nie für nötig befunden sie zu beachten. Und sie war leider nicht die Einzige. Tugendtapser (eine unglaublich typische Namensgebung eines Haustieres in einer Heldenstadt) gab als einzige Reaktion ein weiteres, träges miauen von sich und rollte sich wieder in ihrem Katzenkorb zusammen.


Die angehende Heldin ging an den Kühlschrank. Wie immer war nur das nötigste darin. Sie nahm sich eine Cola heraus, schloss die Tür und betrachtete die Fotos die an der Tür angebracht waren. Normale (ergo einfallslose) Haushalte hatten Familienfotos am Strand, beim Picknick oder von Volksfesten. Doch in Amis Fall waren es ganz andere Schnappschüsse: Sie und ihre Eltern vor einer brennenden Festung, vor einem eingesperrten Ungeheuer oder einer zerstörten mechanischen Riesenspinne. Damals war sie noch kleiner gewesen und lächelte gekonnt wie ihre Erzeuger zum Fotografen.


Lächeln war eines der ersten Aufgaben eines Helden. Es gab keine Geisel, keinen Schiffbrüchigen und keinen Flugpassagier der gerettet werden wollte während der Held eine grummelige Grimasse zog. Selbst wenn man einen Meteoriten mit bloßen Händen abbremste, sich einen Faustkampf mit einem Gigantischen Gorilla lieferte oder nur einen Berg über den Kopf stemmte: Fotogene Präsenz war dabei das entscheidende.


Natürlich waren die Einsätze mit ihren Eltern damals sehr einseitig gewesen: Ihre Aufgabe war zuzusehen und zu lernen, und sich nicht einzumischen. Das die Ergebnisse dann als “Familienarbeit” bezeichnet wurde (vor allem gegenüber der Presse) hatte Ami anfangs gefreut, später nur noch deprimiert. Sie trank die Dose aus und warf sie in den Mülleimer, besah sich ihr Handgelenk. “RAL, wie spät ist es?” Das Programm blinkte. “Es ist 12 Uhr, der Mittagsunterricht an der Heldenschule beginnt in exakt 15 Minuten.” Ami seufzte. “Vielleicht sollte ich mir noch diesen Tag eine Auszeit gönnen...” Doch schon tadelte RAL sie. “Wenn ein Held in Ausbildung keine Heldentat vollbringt dann ist es für ihn wichtig regelmäßig die Schule zu besuchen.”


Das Mädchen rollte die Augen und schaltete ihn stumm. War es denn so schlimm einmal nicht vollkommen und zweifelsfrei korrekt zu sein? Sich ein wenig Menschlichkeit und einen funken Eigennutz zu gönnen? In Villain Village... sie schüttelte ärgerlich das Haupt. Nun war sie in Gedanken abermals bei Yu und den Anderen gelandet! Während sie sich bemühte das Thema für sich abzuschließen ging sie ins Wohnzimmer. Es war lächerlich sich weiter mit Villain Village zu befassen. Sie musste endlich Yu verdrängen denn immerhin...


...stand er gerade vor ihr im Raum.


Ami blinzelte.


Yu blinzelte.


Du hattest den Brillenetui vergessen.”


Verstört näherte Ami sich dem Jungen während ihr Blick zwischen Yu und dem Gegenstand hin und her wanderte. Dann setzte sie ein Lächeln auf. “Wie aufmerksam von dir” flötete sie.


Oh wirklich?” Yu war überrascht. “Ich hatte ehrlich gesagt etwas Angst du würdest ausrasten und-”


HAST DU VOLLKOMMEN DEIN BißCHEN HIRN VERLOREN?!?” Amis Stimme überschlug sich als sie den kleinen Kerl am Kragen packte und mühelos hochhob. “Du kannst doch nicht wegen sowas in Hero Hometown herumspazieren! Du bist ein Schurke in Ausbildung! Hast du eine AHNUNG davon wie viele Schwierigkeiten du bekommen kannst?!?”


Ein Paar dutzend sind mir durch den Kopf gegangen...”


DAS IST NICHT KOMISCH!” mit Elan setzte das Mädchen Yu wieder ab und bedachte ihn mit einem finsteren Blick. “Ich hoffe niemand hat dich gesehen, ich fliege dich sofort zurück!” Yu blickte auf seine Füße. “Na ja, da waren diese Ordnungshüter die ich nach dem Weg gefragt habe.” Das Mädchen in der Kampfrüstung griff sich an die Nasenwurzel. “Guardian und Protector, großartig. Keine Stunde hier und du fällst den Sicherheitskräften auf!” Sie überlegte fieberhaft. “Na gut, wenn wir jetzt losfliegen dann wird vielleicht niemand...”


Urplötzlich erfasste ein Windstoß das Gebäude. Yu bemerkte wie sich die Bäume im Vorgarten einen Moment unter dem Druck verbogen. “Was war das? Ein Düsenjet?” Ami bekam plötzlich einen panischen Ausdruck. “Oh nein”


Was?”


Meine Eltern!”


Yu erstarrte zu Eis. Er wusste nichts über Amis Eltern, aber er ahnte das ein angehender Schurke in einem Helden-Haushalt wenig Verzückung hervorrufen würde. “Ich verstecke mich im Wandschrank!” Doch das Mädchen verneinte. “Das hilft nichts gegen ihren Röntgenblick oder ihr Supergehör.” Yu schluckte. “Was soll ich denn tun?!” Doch da öffnete sich schon die Terrassentür, und er erblickte zwei Gestalten in wallenden Umhängen. Und er kannte sie.


Der berüchtigte Famous und seine Partnerin Glory. Superhelden der Extraklasse, superschnell, stark, clever und immer Herren der Lage. Der angehende Schurke wusste das sie sich auch schon ab und an mit seinem Vater gemessen hatten. Nun stand er direkt in ihrem Wohnzimmer. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf. Sollte er nun eine Schurkenpose einnehmen? Höhnisch auflachen und den Kopf in den Nacken werfen? Fliehen? Ihnen die Hand geben? Erklären das Ami und er nur geredet haben? (Er verstand den Sinn des letzten Gedankens selbst nicht ganz)


Doch bevor er eine dieser Optionen erwägen konnte waren die zwei lebenden Legenden schon an ihm vorbei geschritten. “Hallo Liebes” erklärten Amis Mutter während sie in die Küche ging. “Alles klar meine kleine Heldin?” fragte Famous und verwuschelte Yu unverständlicherweise das Haar. Ami seuftzte “Alles wunderbar” behauptete sie. Yu wiederum starrte nur verstört drein während die Helden in der Küche hantierten. “Es gibt ein Erdbeben auf einer Tropischen Insel” erklärte Glory abwesend während sie ein Tiefkühlgericht in die Mikrowelle packte. “Und danach gilt es wohl einen wahnsinnigen Wissenschaftler auszuschalten” murmelte Famous konzentriert während er flüchtig in der Tageszeitung blätterte.


Das klingt toll” erwidere Ami neben Yu. Der kleine Kerl runzelte die Stirn, war er unsichtbar? Er wollte sich räuspern, doch das Mädchen hielt ihn mit einer Handbewegung davon ab. Sehr düster musterte sie ihre beiden Eltern die geschäftig hantierten und die Kinder keines Blickes würdigten. Schließlich blinkte die Mikrowelle worauf die Superheldmutter den Teller herausholte und das aufgetaute Essen musterte.


Hm, ist glaube ich noch nicht ganz durch” urteilte sie. Yu staunte nicht schlecht als die Frau blaue Wellen aus ihren Augen verströmte und die Mahlzeit weiter erhitzte! “Ist in der Schule auch alles ok?” fragte Amis Vater ohne von der Zeitung aufzublicken.


Ich war seit Monaten nicht mehr dort” erklärte sie in einem freundlichem Tonfall.


Wunderbar.”


Inzwischen hatte ihre Mutter das Essen auf die Küchentheke gestellt, musterte kritisch den Teller der schon da stand. “Du sollst doch das benutzte Geschirr in den Geschirrspüler packen” tadelte sie ihre Tochter.


Das Haus brennt” erwiderte Ami etwas aufmüpfiger. Yu klappte die Kinnlade herunter. Wie konnte Ami nur so reden? Selbst seiner eigenen Mutter gegenüber hatte sich die Heldin in Ausbildung nie so verhalten. Doch Glory schien es nicht mal bemerkt zu haben, sondern stellte den Teller selbst in die Maschine. “Und denke dran die Katze zu füttern.”


Nein”


Beide Eltern blickten sich plötzlich an. Yu schluckte. Nun hatten sie es scheinbar endlich gemerkt.


Wir müssen los” erklärten sie und machten sich für den Aufbruch bereit. “Sei schön artig und mach uns Stolz.”


Ami ballte ihre Fäuste zusammen. “Ich bin sechs Wochen auf der Schurkenschule gewesen.”


Und putz dir die Zähne vor dem Schlafengehen”


Ihr hört mir nie zu”


Schön Schatz, wir haben dich lieb” beide öffneten die Terrassentür und gingen hinaus.


Und ich...” Doch dann schüttelte sie den Kopf, die beiden Superhelden waren schon gestartet und am Horizont verschwunden, während Tugendtapser, die Katze, geschickt auf die Theke sprang und begann Amis Abendessen zu verspeisen. Eine peinliche Stille trat ein, und Yu hatte keine Ahnung was er nun sagen sollte.


Sie scheinen nett zu sein” kam es schließlich aus seinem Mund. Seine Verbündete erwiderte darauf nichts, sondern ging wieder ins Wohnzimmer, worauf er ihr folgte. “Also ich meine für Superhelden, du weißt ja, ich als Schurke bin da nicht so objektiv wie andere, doch wenn man es nüchtern betrachtet...”


Hör jetzt auf” unterbrach ihn Ami grob. Yu schluckte, war da ein glitzern in den Augen? In ihm breitete sich Panik aus. Was wenn Ami plötzlich begann zu weinen? Er war nicht auf so etwas gewappnet! Als Bösewicht musste man mit vielen rechnen: Das der Held einen mit Lasern beschoss, mit Autos bewarf oder Blitze auf einen schleuderte, doch niemand konnte von ihm erwarten das er mit einer weinenden Heldin fertig wurde! Das war unmöglich!


Aber das Mädchen verschonte ihn mit solchen Prüfungen, setzte nur kurz ihre Brille ab und rieb sich die Augen. “Sie sind den ganzen Tag unterwegs, manchmal sogar Wochen. Ein Vulkanausbruch hier, ein Killersatellit hier, da eine Geiselnahme und dort ein Riesenkraken.” Yu nickte, er kannte das von seinem Vater, wenn auch etwas anders: Dort einen Vulkan zum ausbrechen bringen, dort einen Killersatelliten steuern, und so weiter. Natürlich war auch er dann mal längere Zeit weg, doch er hatte immerhin seine Mutter daheim, während Ami hingegen...


Ein Klingeln riss die beiden Jugendlichen aus den Gedanken. Beide musterten sich verwirrt, wer war da an der Tür? Vorsichtig öffnete Ami und sah sich zwei vertrauten Gesetzeshütern gegenüber. „Ah, Protector und Guardian, was kann ich für sie tun?“ sie bemühte sich um einen schrillen, freundlichen Tonfall. Die beiden Helden im Gesetzeshüter-Kostüm nickten ihr professionell zu. „Hallo Ami, wir wollten uns kurz wegen einem Besucher erkundigen, er war auf dem Weg zu eurem Haus.“ Hinter der Tür erbleichte Yu, hatten die beiden Helden ihn etwa erkannt? Demonstrativ machte er eine umfassende Geste ihn ja nicht zu verraten, und Ami nickte.


Dann zog sie ihn in das Blickfeld der beiden Männer. „Ja, sie meinen ihn hier?“


Hätte Yu es gekonnt hätte er seinen Kopf explodieren lassen. Sprachlos starrte er Amit an. War das der Dank für die gemeinsame Zeit? Er schimpfte sich innerlich einen Dummkopf, wie hatte er nur daran denken können angehendem HELDEN vertrauen zu wollen? Sie waren natürliche Erzfeinde! Jetzt würde ihn das Mädchen in der Rüstung für schnöden Ruhm an die Gesetzeshüter ausliefern!


Wir wurden durch einen wichtigen Einsatz abgelenkt“ entschuldigte sich Protector bei den Beiden, seine Augen wurden durch einen roten Visor vollständig verdeckt. „Leider haben wir es versäumt uns nach deinem Namen zu erkundigen, ich meine nur für das Besucherprotokoll, bist du ein Fan der Kagetomas?“ Der Ordnungshüter der Ortschaft musterte Yu eindringlich. Bevor dieser aber etwas sagen konnte fiel ihm Ami ins Wort. „Wissen wie was? Das hier ist ein Schurke. Natürlich in Ausbildung, doch immerhin ist er der Sohn des Master of Darkness, und damit vielleicht der größte und gefährlichste Nachwuchs-Bösewicht den unser Planet kennt!“ Sie machte eine dramatische Pause, und blickte dann direkt in den roten Visor. „Und er ist mein Verbündeter.“


Die Stille die dann einsetzte hätte hundert Rockkonzerte gleichzeitig übertönen können. Yu konnte nicht einmal mehr klar DENKEN, geschweige denn etwas sagen. Dann ganz plötzlich... begann Guardian zu lachen!


Beide Brüder lachten.

Ami lachte.

Yu lachte (Wenn auch eher im Tonfall eines Mannes vor einem Erschießungskommando der gesagt bekommt „Nur nicht den Mut verlieren“).


Du hast wirklich einen tollen Sinn für Humor“ behauptete Guardian freundlich, und Ami nickte gespielt verlegen. „Das hier ist einer meiner geretteten Opfer der sich mal die Stadt ansehen wollte, sein Name ist Yu.“ Dem Angesprochenem viel ein Fels vom Herzen, wie hatte er an Ami zweifeln können? Protector und Guardian schienen überzeugt.


Du zeigst ihm also die Schule? Es ist ja gleich Beginn der ersten Stunde.“ Abermals ohne auch nur innezuhalten nickte das Mädchen „Wir wollten gerade los, immerhin muss ich als angehende Helden die Kinder von heute inspirieren und motivieren.“ Innerlich wunderte sie sich wie einfach ihr diese Lüge über die Lippen kam. Lügen waren etwas für Schurken, hatte Yu sie etwa schon so schlimm beeinflusst? Sie musterte den kurz gewachsenen Burschen neben ihr der sich bemühte nicht vor Angst zu sterben. War wohl eher ein Zufall das sie sich plötzlich so verhielt.


Deine Eltern sind sicher besonders stolz auf dich“ behauptete Protector lobend, was Ami aber nicht weiter kommentieren wollte. Eine Weile lang standen alle Vier einfach nur da und taten nichts. Ami hatte eigentlich gehofft das die beiden Stadthelden sich anderen Aufgaben widmen würden, doch scheinbar musste sie diese Scharade mit Yu durchspielen. „Tja dann komm mein kleiner... Freund“ murmelte sie schwach und nahm Yu an die Hand. Gemeinsam schritten sie hinaus Richtung Heldenschule, geleitet von den übereifrigen Ordnungshütern.


Yu war so nervös das er sich nicht einmal Gedanken um den ungewohnten Handkontakt mit Ami machen konnte. Natürlich hatte er oft Amis Hand gespürt, doch meistens eher als Faust in seinem Gesicht, und nicht in seiner Handfläche. Er bemerkte viele jugendliche Helden über sie hinwegfliegen, einige in seltsamen Apparaturen oder auf Pferden mit Flügeln, andere ohne ersichtliche Hilfsmittel. Es unterschied sich also eigentlich kein Stück von der Schurkenschule.


Als sie am Tor der Schulgeländes ankamen erstarrten die beiden Polizisten-Brüder plötzlich wie unter einem Schlag. „Alarmstufe Violett!“ erklärte einer von ihnen, und Yu sah sich schon im Geiste in einem dramatischen Kampf verwickelt. Sie nickten sich entschlossen zu „Alte Frau will über die Straße, unser Einsatz!“


Während Yu langsam wieder vom Boden aufstand sausten Guardian und sein Bruder schon zu ihrem nächsten Einsatz. „Sollten wir jetzt nicht.. ich weiß nicht... verschwinden?“ Der Sohn des Master of Darkness fühlte sich verständlicherweise an einem Ort voller erklärter Todfeinde weniger wohl. Natürlich wollten auch viele an der Schurkenschule seinen Tod, doch immerhin KANNTEN diese Schüler ihn etwas. Hier an der Heldenakademie würde man ihn schlicht wegen seiner Abstammung attackieren, was Yu paradoxerweise ziemlich unpersönlich und unfair fand. Konnten die Helden ihn nicht erst einmal kennenlernen und dann begreifen das er wirklich ein schrecklicher Schurke war und ihn DANN angreifen wollen?


Verschwinden?“ Ami betrachtete ihn kritisch über ihre Brillengläser „Hier haben uns bereits einige dutzend Schüler gesehen, und ich würde ziemlich verdächtig aussehen wenn ich das Schulgelände nun verlasse.“ Yu zog eine Grimasse, er konnte wohl kaum hier mal eben am Unterricht teilnehmen!

Spiel einfach Tourist und sieh dir das Gelände an, ich bringe dich dann nach Schulschluss zurück.“ Sie wandte den Blick ab, ihre Miene steinern „Du hättest nicht herkommen sollen“. Yu zuckte unmerklich zusammen, doch bevor er darauf etwas antworten konnte war Ami alias Iron Maiden schon zum Hauptgebäude unterwegs und ließ ihn zurück. Er schnaufte. Er hatte es nur gut gemeint! Naja nicht „gut“ im eigentliche Sinne, sondern er wollte lediglich nicht in Amis Schuld stehen! Innerlich pflichtete er sich grimmig bei, in der Schuld einer Heldin stehen konnte sich der Sohn des Master of Darkness gar nicht erlauben! Sein Besuch hier war sozusagen geschäftlich, und nun... er wandte sich zur Straße, doch etwas hielt ihn zurück. Jetzt zurückzukehren Villain Village, in sein altes Leben, das erschien ihm nicht... angebracht. Langsam schaute er über seine Schulter und musterte das Hauptgebäude der Heldenschule.


Es war eigentlich seine Pflicht diese Einrichtung zu erkunden. Ein lächeln huschte über das Gesicht des Knaben. Er hatte eine Mission zu erfüllen!


-


Ami hatte die Heldenschule nie vermisst, und wusste kurz nach Unterrichtsbeginn auch sofort wieder warum.


Alles war... irgendwie verlogen. Selbstverständlich meldete sich bei jeder Frage die ganze Klasse. Aber nicht weil jeder eine Antwort geben wollte, sondern weil es sich für einen Helden so gehörte. Ein Held war immer fleißig, aufmerksam und eben darauf erpicht gute Noten zu bekommen. Auch war es absolut logisch das der Lehrer niemanden zum Tafeldienst einteilen sollte, sondern das sich immer alle angehenden Helden uneigennützig dafür bereiterklärten.


Ami hatte nie etwas dagegen etwas gutes zu tun. Weil es RICHTIG war gutes zu tun. Aber in der Heldenschule war es IMMER Zeit das richtige zu tun (Es stand sogar im Kleingedruckten unter der Schuluhr), und das machte ihr Kopfzerbrechen. Kein Mensch konnte doch ständig und 24 Stunden rund um die Uhr freundlich, selbstlos und heldenmütig sein. Sie wollte niemals bei jemanden abschreiben, die Hausaufgaben versäumen oder den Lehrern gegenüber frech werden, aber... sie würde lügen wenn sie nicht einmal ab und an an die MÖGLICHKEIT dieser Aktionen nachgedacht hätte. Doch in Hero Hometown war sie die Einzige die so dachte.


Behaupteten zumindest alle.


Die Heldin in Ausbildung hatte ab und an ihre Mitschüler gefragt ob ihnen je etwas UNHELDENHAFTES in den Sinn gekommen wäre. Absolut jeder hatte das verneint. Ein Held dachte niemals schlecht über andere. Ein angehender Held spielte nie mit dem Gedanken seine Hausaufgaben zu vergessen, frech zu sein oder einfach mal schlicht an sich zu denken. So kam sie zu den zwei einzig logischen Schlussfolgerungen: Entweder sie war keine „echte“ Heldin... oder ihre Mitschüler lügten. Vielleicht nicht einmal bewusst, oder gegenüber ihren Kameraden, Eltern und Lehrer, sondern schlicht sich selbst.


Ami Kagetoma war sicher kein „Fan“ der Schurkenschule gewesen: Die angehenden Bösewichter waren fast alle ausnahmslos schlecht, hinterlistig und verlogen... doch dabei waren sie wenigstens EHRLICH zu sich selbst. An der Heldenakademie wurde stets und immer etwas gutes getan, doch nur damit es auch alle ja bemerkten. Ami war insgeheim zu der Überzeugung gekommen das das Wort „Held“ nicht zwangsweise die Bedeutung haben sollte ein schillerndes Kostüm zu tragen und mit viel Tamtam die Welt zu retten. Sicher war es beeindruckender die Erde vor einer Armee Feuerriesen zu retten, aber wurde es dadurch gleich unbedeutender Blut zu spenden? Hatte es mehr Wert eine Rakete abzulenken als einfach mal einem Obdachlosen ein geschmiertes Brötchen zu geben? Sie wusste das es Menschen gab die Kätzchen von einem Baum retteten OHNE zu erwähnen das sie Helden wären und das „es doch selbstverständlich gewesen wäre“.


Selbst Ami in ihrem Alter wusste schon das Selbstverständliches niemals laut ausgesprochen werden musste.


He Ami, Glückwunsch“. Pünktlich zum Stundenende wurde sie von einigen der anderen Heldinnen umringt. Als sie noch kleiner war hatte es sie gefreut das sie so viele Freunde hatte... bis es ihr auffiel das sie jeder als „Die Tochter der legendären Helden Glory und Famous“ bezeichnete. Irgendwann erkannte sie die simple Wahrheit: Jeder wollte sich in dem Ruhm ihres Namens sonnen. Ein Freund der Kagetomas zu sein war für einige Schüler ein Umstand den man in Anwesenheit anderer erwähnen konnte.


Wozu Glückwunsch?“


Hast du es noch nicht gehört? Dein Helden-Name wurde in der Registratur bestätigt.“


Das Mädchen in der Rüstung schloss die Augen. Der Name eines Helden war auch so eine Angelegenheit. Es war natürlich wenig passend wenn sich alle Helden „Der blaue Blitz“ oder „Kapitän Korrekt“ nannten, darum hatte Hero Hometown eine weltweite Registratur-liste für patentierte Helden-Namen eingeführt. Der einzige Knackpunkt an dem System war für sie das Konzept das man sich bestimmte Patente erkaufen konnte. Ergo hatten die erfolgreichsten und wohlhabendsten Gerechtigkeitskämpfer immer den Vorteil sich ihre Wunschnamen zu ersteigern. Auch ihre Eltern hatten es sich natürlich nicht nehmen lassen ihrer Tochter den idealen Namen zu besorgen, etwas das Ami schlicht peinlich war. An der Schurkenschule hatte man immerhin die eigene Wahl, und wenn es zwei Schurken gab die sich um einen „Arbeitsnamen“ stritten war es meistens so das einer bald spurlos und für immer verschwand.


Ami fühlte sich umgeben von so vielen Bewunderern unwohl.


-


Yu fühlte sich umgeben von so vielen potenziellen Feinden unwohl.


Er war ohne groß darüber nachzudenken ziellos über das Schulgelände gestromert um Informationen über seine erklärten Feinde zu sammeln (nicht etwa um Iron Maiden nochmal zu treffen!) Dabei war seine Ausbeute an Erkenntnissen ziemlich dürftig.


Apocalypto-Doomsday-Blackheart-XIII's gesammelte Informationen über die Heldenakademie:


  • Der Wasserspender der Schule wird im Schnitt alle sechs Minuten von jemanden benutzt.

  • Das Karomuster des Schulflurs hat pro Gang 3.925 Karos

  • Die Teppiche der Eingangshalle haben je 4.027 Zotteln


Yu betrachtete deprimiert seinen Notizblock. Das waren keine Daten um die sich andere nun reißen würden, doch er wollte nicht aufgeben. Entschlossen näherte er sich einer Flurtür. Diese schleuderte sich ihm dummerweise entgegen und an den Schädel.


Das tut mir schrecklich leid!“ erklärte eine ältere, weibliche Stimme erschrocken.


Nrmbl!“ erwiderte Yu benommen am Boden während die Decke sich über im mehrfach drehte. Irritiert bemerkte er wie sich eine Frau über ihn beugte. Der Sohn des Master of Darkness musterte die Fremde. Die Frau musste dem Gesicht nach schon einige Jahre gesehen haben, er vermutete nur das sie bereits graue Haare hatte. Diese waren nämlich unter einer typischen Nonnenhaube verdeckt, passend dazu trug sie eine typische Robe einer Dienerin der Kirche.


Ich bin Mutter Charity, die ruhmreiche Nonne der Nächstenliebe und Seelsorgerin der Heldenschule.“ stellte sie sich vor während sie Yu's verwundeten Kopf an ihre (beachtliche) Brust drückte. „Mpmf“ erwiderte der angehende Schurke gedämpft, und erschauderte innerlich. Hier stand er abermals einer angeblich gestandenen Heldin gegenüber und hatte keine Ahnung wie er sich verhalten sollte.


Leicht verlegen löste er sich aus der fürsorglichen Umarmung und bemühte sich ein Lächeln aufzusetzen. „Also ich bin...“ doch schon wurde er von der Nonne unterbrochen, er wäre wohl neu hier, denn sie hätte ihn hier noch niemals vorher auf dem Gelände gesehen. „Du bist doch kein neuer Schüler?“ Sie schüttelte ihr besorgtes Gesicht betroffen. „Nein du scheinst dich schlicht verlaufen zu haben“ sie faltete die Hände zusammen, ihre Augen begannen sich tatsächlich mit Tränen zu füllen!


Ein armes Schäfchen fernab seiner Herde“ schlussfolgerte Mutter Charity und half Yu auf die Füße. Ihm waren die Umstände die er der Frau machte hochnotpeinlich, und bemühte sich die Welle zu glätten. „Nein, wissen sie es ist so...“


Doch er hatte keine Chance. Die Ordensschwester war längst in ihrer Mission aufgegangen. „Oh du kleiner Bursche, so scheu und verletzlich“ murmelte sie emotional. „Ich werde dir helfen... und dir die Liebe beibringen!“


Yu war verlegen. „Sie sind wirklich sehr Hilsfebreit und...“ er hielt kurz inne, WAS hatte sie da gesagt?!?“


Mit einer geübten (sie war wirklich geübt!) Bewegung riss sich Mutter Charity die Robe vom Leib. Yu traute seinen Augen nicht. Unter ihrer schlichten Nonnentracht trug die Frau ein grell-pinkes Superheldenkostüm! Die Aufmachung war knapper als es für eine Frau ihres Alters angebracht wäre, getoppt wurde alles von einem tiefen, Herz-förmigen Ausschnitt der ihre immensen... Vorteile hervorhob!


Ich gebe mich dir hin, als Nonne ist es meine himmlische Pflicht den Menschen zu helfen!“


Yu fiel das Gesicht vom Kopf. „WAS IST DENN BEI DIR KAPUTT?!?!“ kreischte er fassungslos. Doch Mutter Charity stürzte sich ihm mit ausgebreiteten Armen entgegen. „Komm an meine Brust du keuscher Jüngling, im Namen des Herren!“


Der kleine Kerl besaß nicht die Fähigkeit sich mit Lichtgeschwindigkeit fortzubewegen.

Bis jetzt.


Mit einem Tempo bei dem der blaue Blitz wie ein Opa mit Gehhilfe gewirkt hätte schoss Yu durch das Gebäude, bemüht der übereifrigen Seelsorgerin zu entkommen. In letzter Not rettete er sich in ein Bürozimmer dessen Tür offen stand. Er hielt dem Atem an, und spürte die Erschütterung als eine Gestalt mit hoher Geschwindigkeit durch den Flur raste. Er sackte zusammen, dabei dachte er seit Direktor Chaos hätte er solche Sprints nicht mehr nötig gehabt! Er blickte sich im Zimmer um. Es musste ein Arbeitszimmer der Lehrkräfte sein, die typischen Utensilien die so ein Büro ausmachten waren da, nur eben in der Helden-Version: Die typische Kaffeetasse („Ich LIEBE Montage“), der typische Schulkalender („Jeden Tag eine gute Tat“) und der typische Bleistiftanspitzer (die sind von Natur aus Heldenhaft und bedürfen keiner Modifikation). Außerdem führte ein große, mit Vorhängen geschmückte Doppeltür hinaus auf eine Terrasse von der man aus einen perfekten Ausblick auf den Schulhof hatte.


Yu wunderte sich kaum, viele Lehrer an der Schurkenschule hatten auch einen Ausblick auf den Schulhof. Der Unterschied hier war der fehlende Aufsatz für die Armbrust auf dem Fensterbrett.


Vorsichtig schritt er hinaus in die Sonne.


-


Der Schulhof war angefüllt mir allerlei Helden. Theoretisch hätten einige von ihnen schweben oder fliegen können, doch das war während des Unterrichtes verboten. Ebenso Röntgenblick, Gedankenlesen und unerlaubtes Unsichtbar werden. Rennen interessanterweise nicht, was Ami sofort ausnutzte um ihrer Traube aus angeblichen „Freundinnen“ zu entkommen und etwas Abstand zu gewinnen.


Ein Fehler wie sich herausstellte, den sie traf ausgerechnet auf eine Gruppe Helden die ihr weit weniger gesonnen waren. Normale Schüler hätten von „Neid“ gesprochen, doch Helden waren nicht Neidisch, so etwas war schlicht nicht heldenhaft.


Ist das nicht die Heldenhafte Ami?“ fragte einer der Jungen spitz.

Fehlte ja seit geraumer Zeit“ stichelte ein anderes Mädchen.

Seit wann dauern Heldentaten so lange?“

Habe noch nie von einer Streiterin der Gerechtigkeit gehört die ihre Schule schwänzte.“


Das Mädchen in der Kampfrüstung hielt im gehen inne und musterte die Gruppe von Spöttern aufgewühlt. „Was wisst ihr denn über mich? Glaubt ihr ich habe mich in meinem Zimmer verkrochen oder in einer Spielhalle herum gelümmelt? Wenn ihr etwas zu sagen habt dann sagt es mir!“ Amis Stimme war höher geworden als sie es beabsichtigt hatte, sie durfte auf keinen Fall weinen!


Ich habe deinen neuen Helden-Namen gehört: Stainless, heißt das nicht „Makellos“? So ganz ohne Makel scheint die Tochter von Glory und Famous doch nicht zu sein“ Der Held in Ausbildung reckte demonstrativ das Kinn. „Ich will ja nichts sagen aber...“


Aber du tust es!“ unterbrach ihn das Mädchen. „Alle sprechen in diesen Phrasen wie -Ich will ja nichts sagen- oder -Es geht mich ja nichts an- und trotzdem versucht jeder einen Tiefschlag hinter einer Maske aus Höflichkeit oder Floskeln zu verstecken. Warum können wir nicht klar sagen das wir schlecht voneinander denken? Das einer neidisch oder wütend auf einen anderen ist?“ Ami hörte sich selbst auflachen. „Aber das tut ja ein angehender Held nicht! So etwas wie echte Gefühle sind ja verpönt!“


Es war totenstill geworden, und viele der zukünftigen Weltenretter trauten ihren Ohren nicht. „Das klingt nicht gerade heldenhaft“ tuschelte plötzlich jemand hinter Amis Rücken.


Stainless, der Name muss ihre Eltern wirklich eine Stange Geld gekostet haben...“

Vergeudet scheinbar, oder sie kauft sich einen bessere Charakter...“

Sie denkt sicher sie kann sich alle Frechheiten erlauben wegen ihren berühmten Eltern.“


Das Mädchen in Rüstung ballte ihre Faust. Sie durfte sich nicht weiter zu etwas hinreißen lassen! Eine Prügelei auf dem Schulhof war Tabu! Helden in Ausbildung prügelten sich niemals untereinander, das würde zu einem Schulverweis führen, und das hatte es bisher noch nie gegeben!


Der Junge den Ami so barsch unterbrochen hatte setzte nach „Dieses Lachen hatte etwas ziemlich... schurkenhaftes“


Das letzte Wort traf etwas in dem Mädchen, sie zielte auf das Kinn des Kerls und...


Urplötzlich schallte eine Stimme über alle.


DAS nennt ihr ein schurkenhaftes Gelächter?“ Das wäre an meiner Schule keine drei Minus gewesen!“


Alle blickten hinauf, auf der Terasse stand... Amis Augen weiteten sich...


Yu!


In perfekter Schurken-Pose stand der Sohn des Master of Darkness am Steingeländer, einen wallenden, dunklen Umhang um die Schultern. Ami wollte etwas sagen doch dann bemerkte sie Yu's Augen. Der sonst so scheu drein blickende kleine Kerl musterte alle Anwesenden Schüler mit den Augen die kälter und gemeiner waren als Eis (Wobei Eis eigentlich selten „gemein“ war, es sei denn man ging bei Tauwetter Schlittschuh laufen), außerdem war sein Mund beeindruckend grimmig verzogen.


Wer ist das?“

Kennt den jemand?“

Ist das etwa...?“

Ganz recht!“ tönte Yu dramatisch finster und reckte herausfordernd seinen Finger auf die Schülermenge. „Vor euch steht niemand anderes als Apocalypto-Doomsday-Blackheart-XIII, der Sohn des Master of Darkness!“ Seine Stimme hallte mühelos über das erschrockene Gemurmel. „Dieses Mädchen hat mich schon seit langer Zeit bekämpft und ist mir ein Dorn im Auge, nun verlange ich Vergeltung!“


Ami zögerte bei dieser Rede. War alles was Yu und sie erlebt hatten etwa Scharade gewesen? Hatte er die ganze Zeit auf seine Chance gewartet nun zuzuschlagen? Sie schüttelte innerlich den Kopf, ein Schurke der so verschlagen wäre hätte würde wohl kaum Erstickungsanfälle bekommen wenn er morgens sein Müsli zu schnell aß. Sie kam zu der Überzeugung das Yu hier eine Show abzog, aber wieso? Woher kam überhaupt dieses diabolische Auftreten? Sie als Heldin würde es nie offen zugeben, aber sie war von seinem Auftritt ziemlich beeindruckt.


Yu musste plötzlich Nerven aus Stahl bekommen haben.


-


Yu machte sich vor Angst fast in die Hose.


Er hatte absolut keine Ahnung wie er in diese fürchterliche Situation gelangt war! Wie durch Zufall hatte er von der Terrasse aus Ami erblickt und die ganzen gemeinen Kommentare über sie mitangehört. Dann hatte etwas in ihm die Kontrolle übernommen, sich einen der Vorhänge um die Schulter geworfen und plötzlich in perfekter Bösewicht-Manier begonnen Drohungen auszusprechen!


Aber dutzende Jugendliche in Kostümen visierten ihn an. Ein Drittel von ihnen hatte die Geschwindigkeit einer fliegenden Kanonenkugel, und er hatte nicht mal eine Waffe bei sich! Er musste eine Art Wahnvorstellung haben, dennoch hörte er sich tief und drohend lachen. „Du has mir das letzte mal heldenhaft und gekonnt meine vielen finsteren Pläne vereitelt Stainless! Oh ja ich habe mir deinen Namen gut gemerkt bei unseren vielen, dramatischen Kämpfen!“ Er vollführte ein teuflisches Grinsen für das ihm sämtliche Lehrer der Schurkenschule eine 1- gegeben hätten (Es waren immerhin SCHURKISCHE Lehrer)


Einige Schüler musterten die Angesprochene ein wenig erstaunt und bewundernd. Doch dann realisierten sämtliche Helden in Ausbildung den Stand der Dinge: Vor ihnen stand leibhaftig ein Bösewicht! Ein Erzhalunke den sie bekämpfen konnten!


Das wird meine Noten in die Höhe schnellen lassen!“

Meine Eltern spendieren mir sicher ein neues Kostüm!“

Dann könnte ich meine Statue hier vor der Schule aufstellen...“


Yu bekam plötzlich weiche Knie. Bevor sich die komplette Schule auf ihn stürzen konnte griff er blitzschnell in seine Hosentasche und hob dramatisch etwas in die Luft. „Keine falsche Bewegung! Hier habe ich meine Geheimwaffe!“ Tatsächlich klappte der Bluff, alle erstarrten und hielten gespannt den Atem an. Alle außer Ami, die sofort erkannte was Yu da für eine „gefährliche Waffe“ in der Hand hielt.


Ihr Brillenetui.


Sie unterdrückte es sich die Hand vor das Gesicht zu schlagen, hatte dieser Junge eigentlich die Spur eines Plans?


Der Sohn des Master of Darkness erweckte immerhin den Eindruck als er weitersprach. „ Das hier ist eine Multidimensionsgranate mit äh automatischer Sensor...-Sonar-Wellenschallstreuung“ er zögerte kurz „Aus der Dimension Z!“


Ami seufzte, wer sollte diesen peinlichen Schwachsinn schon glauben?


Davon habe ich schon einmal gehört!“ behauptete eine Schülerin erschrocken.

Ja das ist eine der gefährlichsten Waffen des Erdballs!“ bestätigte das Mädchen neben ihr.

Das ist das typische Aussehen für Waffen aus der Dimension Z“ behauptete ein Anderer erfahren.


Ami bemühte sich nicht zusammenzubrechen, DIE GLAUBTEN DIESES GESTAMMEL TATSACHE?


Yu erkannte hingegen das eine Flucht erforderlich war, wollte er nicht von einigen dutzend Hitzeblicken und magischen Blitzen pulverisiert werden. „Hier, fangt!“


Das Etui flog in hohen Richtung Hofboden hinab, was zu kuriosen Szenen führte.


Mit der Geschwindigkeit eines fahrenden Zuges flog ein Mädchen zur vermeintlichen Waffe und umfasste sie. „Keine Sorge, ich opfere mich um euch alle zu retten!“ erklärte sie laut. Keine Nanosekunde später wurde sie grob von einem anderen Helden zur Seite gestoßen. „Nein ICH opfere mich heldenhaft um euch zu retten!“ Es folgte eine ziemlich „heldenhafte“ Rangelei wer nun seinen Körper schützend um die Granate drücken wollte.


Als Ami die Chance sah den Sohn des Master of Darkness unauffällig zu schnappen bemerkte sie plötzlich ein Funkeln am Himmel. Dieses „Funkeln“ landete zwischen den anderen Helden und schleuderte sie mit einer Druckwelle quer über den Schulhof, das Brillenetui in seiner Hand fest umschlossen.


Yu rappelte sich mühsam wieder auf und lehnte sich über das Terrassengeländer, was war das für eine Gestalt? Das Mädchen in der Rüstung hingegen erkannte den Neuankömmling augenblicklich.


Verdammt, es ist Nova!“


Yu betrachtete den Jungen genauer, nun wo sich der Staub legte. Er hatte einen ungewöhnlich muskulösen Körper der komplett mit rot-grünem Spandex verkleidet war. Ein großes, rotes Cape bildete einen perfekten Kontrast zu seinem platinblondem Haar. Sein Gesicht war von einer grünen Augenmaske verdeckt, und auf seiner Brust prangte eine Art Sternsymbol.


Nova, der Spitzenschüler der Heldenschule wird die Gefahr beseitigen!“ erklärte der eben Erschienene selbstsicher. Für Yu und Ami (und eigentlich alle Anderen) klang es fast schon nach einer Warnung. Belustigt musterte er das Brillenetui „Keine Gefahr die ich nicht bändigen könnte!“ lautete sein Urteil.


Mit einer gleichgültigen Bewegung warf Nova das Objekt nach oben.


Durch die Stratosphäre.


Mit hängender Kinnlade folgten alle der Flugbahn der vermeintlichen Geheimwaffe in den Himmel bis sie mit einem Lichtblitz vom Erdball verschwunden war.


Yu bemühte sich nicht ohnmächtig zu werden, ein Bursche mit solchen Kräften war hier SCHÜLER? Er wollte sich gerade umwenden als er neben sich jemanden auf der Terasse bemerkte.


Du bist also der Erbe vom Master of Darkness?“ Nova schwebte keine handbreit neben ihm und lächelte frech. „Ich hatte mich dir... größer Vorgestellt.“ Yu bemühte sich in seiner Rolle zu bleiben, was ihm nicht leicht fiel bei seinem Kontrahenten.


Größe ich nicht alles“

Du hast recht... aber schneller als eine Pistolenkugel sein, fliegen können, einen Hitzeblick haben, Unverwundbar sein, die Kraft eines Bären und die Reflexe einer Kobra besitzen, wie steht es damit?“ Nova lächelte so glatt das Yu glaubte seine Mund bräuchte ein Schild mit Rutsch-Warnung. Wie als Demonstration umzingelte er mit Kraft seiner Geschwindigkeit den kleinen Kerl mehrfach, seine Bewegungen brachen die Schallwelle, der Rest der Schule war sichtlich beeindruckt.


Gib auf du dreckiger Schurke“ orderte Nova. „Nichts was du aufbieten kannst kann mich-“


In dieser Sekunde traf ihn Yu's Umhang im Gesicht und versperrte ihm die Sicht. Der angehende Bösewicht hatte sich des Vorhanges entledigt und wollte die Sekunde nutzen um wieder zurück ins Büro zu fliehen, doch leider hatten Sekunden die Eigenheit das sie sehr kurz waren. Der Umhang wurde von einem roten Augenlaser entzwei gerissen und in Brand gesteckt, die Miene Novas nun offen wütend, er hatte sich wie ein Idiot überrumpeln lassen! Bevor Yu zwinkern konnte hatte Nova seine Faust geballt und wie einen Kometen auf den kleinen Kerl niederfahren lassen.


Der Hieb zertrümmerte die Terrassenfliesen. Die Schüler tauten ihren Augen kaum: Ami Kagetoma, nun seit neustem als „Stainless“ bekannt hatte sich den kleinen Schurken geschnappt und flog mit ihm Richtung Horizont!


Was hast du Gnom wieder angerichtet?“ ächzte Ami als sie sich in ihrer fliegenden Rüstung bemühte das Gleichgewicht zu behalten.

ICH? Ich wollte dir lediglich helfen und muss mich plötzlich mit dem stärksten Schüler der Heldenakademie herumärgern!“

Nova ist leider außergewöhnlich begabt, doch wenn wir uns beeilen dann-“


In diesem Augenblick hatte sie Nova im Flug eingeholt und Ami trotz Rüstung Richtung Erdboden geschmettert.


Yu blinzelte benommen. Er lag mitten in einer Grünanlage in einem rauchendem Krater! Seltsamerweise hatte er kaum Schrammen, hätte der Sturz ihm nicht alle Knochen brechen müssen? Erst jetzt bemerkte er jemanden unter sich...


Ami!“


Die Rüstung von Ami sah übel zugerichtet aus, Nova Hieb hatte das Metall deutlich verformt und der Aufprall hatte das Ganze nicht verbessert. Yu musste verstört nach Luft schnappen, sie hatte mit ihrem Körper seinen Sturz abgefangen! „Ami oh nein sag bitte etwas!“ flehte der kleine Kerl der mit den Tränen kämpfte.


Der Kampfhelm der Rüstung wurde zurückgezogen, Amis Gesicht hatte einige Schrammen, ihre Brille war zerbrochen, dennoch blinzelte sie zu Yu's Erleichterung.


Geh endlich runter von mir“ ächzte sie, zwang sich aber zu einem lächeln. Yu war immer noch beunruhigt. „Du musst zu einem Arzt!“


Unsinn, RAL, Status?“


Das unsichtbare Programm antwortete mit verzerrtem Ton „Keine Knochenbrüche, keine Verstauchungen, möglicherweise Gehirnerschütterung, Warnung: Rüstung hat erhebliche Schäden.“ Die angehende Heldin nickte matt. „Du musst weg bevor er hier ist“ erklärte sie Yu


Unfassbar“ erklärte Nova abschätzig über ihnen während er langsam gen Erdboden schwebte. „Die Tochter zweier so berühmter Eltern HILFT einem Bösewicht? Oder bist du unter einem Zauber? Hypnose?“ er ächzte herablassend. „Es wird Zeit diesen Schurken zu erledigen!“


Ami wusste nicht wie, doch blitzschnell hob sie ihre Arme, die Raketen zielten alle auf den Blondschopf. „RAL, FEUER!“ Yu Yushiki sah gebannt zu wie Nova von einem dutzend Geschossen getroffen wurde... nur um dann unversehrt mit erhobenen Händen dazustehen! „Meine Nova-Barriere kann so gut wie ALLES abwehren Kagetoma“ belehrte der Blondschopf sie siegessicher. „Sobald meine Hände erhoben sind habt ihr keine Chance, immerhin bin ICH ein WAHRER Held, und keine Überläuferin!“


Yu wusste nicht wieso doch diese Beschuldigung machte ihn rasend. „Hör zu du selbstgerechte Werbefigur für Zahnpasta! Iron... ähm ich meine Stainless ist tausend mal mehr Heldin als du arroganter Typ es je sein wirst!“ Er bemerkte wie sich Novas Meine verfinsterte, doch es war ihm egal. „Sie würde nie etwas tun nur um toll dazustehen oder sagen zu können sie sei etwas besonderes, sie tut gutes weil sie es für das RICHTIGE hält!“ er wusste nicht woher er die Wut hatte, doch seine Worte waren grundehrlich gemeint.


Yu...“ murmelte Ami immer noch angeschlagen im Krater liegend. Der angesprochene kleine Kerl wurde kurz Rot, bemühte sich um Fassung.


Doch dann ergriff Nova das Wort. „Du kleiner Wicht, was nimmst du dir heraus?“ In einer Nanosekunde war er vor seinem Gegner. Wie als würde er eine Mücke attackieren schnippte er lediglich seinen Finger gegen Yus Brust. Der Effekt war unglaublich, der Sohn des Master of Darkness flog wie von einem Zug gerammt durch die Luft um mit Wucht gegen einen Baum zu prallen und daran herunterzufallen.


Du Mistkerl!“ brüllte Ami „Das war nicht notwendig!“


Und ob“ widersprach Nova finster. „Von einer Verräterin lasse ich mir eh nichts sagen!“ Ami registrierte noch wie der Held in Ausbildung sich wieder in Bewegung setzte, konnte aber nur hilflos nach seinem Bein greifen. Ohne sich die Mühe zu machen Schoss Nova die 10 Meter Abstand zu Yu vor und verharrte mit verschränkten Armen vor seinem verletztem Gegner.


Das war also alles? Du wirst deinem Vater ja nicht mal in einem Mindestmaß gerecht, sieh dich nur an!“


Yu hustete angeschlagen, der Aufprall hatte ihm sicher ein neues Paket blauer Flecken verpasst, dennoch musste er bei Novas Anblick erstaunlich teuflisch grinsen.


He Nova, wie wäre es wenn du DICH mal genauer ansiehst?!“


Der angehende Superheld wollte etwas erwidern, doch dann bemerkte er es. Amis Griff nach seinem Bein hatte ihm absolut nichts anhaben können.


Aber seiner Spandex-Hose.


Er stand in Unterhosen vor Yu.


W-a-s?!“ ächzte der maskierte Knabe überrumpelt und bedeckte schamhaft seine hellblauen Unterhosen mit der Hand, er konnte doch in dieser Aufmachung keinen Schurken besiegen! Wenn man ein Foto von ihm und seiner Heldentat machen würde... nicht auszudenken! Dieser Gedankengang kostete Nova eine volle Sekunde. Das genügte Yu. Mit aller Kraft seines kleinen Körpers legte er all seine Wut über diesen Angeber in seinen Schlag, und traf den maskierten Gegner direkt ins Gesicht. Dieser taumelte etwas zurück, Blut floss aus seiner Nase, und er schüttelte benommen den Kopf. Er hatte vergessen seine Hände zu heben! Verwirrt musterte er den Sohn des Master of Darkness der sich jammernd die Hand hielt. „Au, ich wusste nicht das schlagen auch dem Schläger wehtut!“


Schwachkopf, selbst ohne meine Barriere kann ein Schlag von dir nichts ausrichten!“ der Blondschopf bemerkte in seinen Augenwinkeln etwas. Dann wurde er von Amis stählerner Faust zwischen die Augen getroffen. „MEIN Schlag hat dafür umso mehr Biss!“ kommentierte das Mädchen grimmig. Nova, der Musterschüler der Heldenakademie fiel in Unterhosen bewusstlos zu Boden, alle Viere von sich gestreckt.


Ami keuchte, Yu musste sie stützen. „Was passiert nun? Hast du gerade deine Stadt verraten?“


Doch das Mädchen lächelte Yu nur an. „Lass das mal meine Sorge sein.


-


Der Auftritt von Yu Yushiki war den Lehrern der Heldenschule natürlich nicht verborgen geblieben. Die wichtigsten musterten einen Monitor, auf dem Famous, Amis Vater, zu sehen war.


Sie sehen, meine Tochter arbeitet aktuell Undercover um mehr über Villain Village herauszufinden.“


Die Lehrer, allesamt bekannte Helden waren verwundert.


Ist das so eine gute Idee? Stainless ist noch sehr jung.“


Ich glaube fest an meine Tochter“ erklärte Famous ohne zögern. „Bitte unternehmen sie vorerst nichts in dieser Sache, die Schurken sollen glauben Stainless hätte die Seiten gewechselt.“


Die Lehrerschaft nickte. „Es wäre zwar besser gewesen sie hätten uns vorher informiert, aber wir gestatten Ami Kagetoma, nun bekannt als -Stainless- einen Sonderurlaub für ihren Geheimauftrag.“


Ich bedanke mich.“ erklärte Famous bevor er den Bildschirm ausschaltete.


Dann beendete Ami das Hologramm das sie um sich herum kreiert hatte und grinste Yu zu.


Scheint so als bleibe ich doch noch eine Weile in deinem Gästezimmer.“


Yu lächelte kopfschüttelnd.


Aber bring diesmal deine eigenen Sachen mit, du drückst die Zahnpasta immer in der Mitte aus.“

Als Schurke ist das eigentlich DEINE Aufgabe!“

Als Held solltest du mich doch davon abhalten!“


Beide blickten nachdenklich aus dem Fenster. Was würde der morgige Tag bringen?

Ende Episode 11

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Kommentare: 1
  • #1

    Lacrima (Mittwoch, 08 April 2015 17:15)

    Endlich!
    Danke, danke, danke! Du glaubst gar nicht, wie breit mein Grinsen war, als ich gesehen habe, dass du ein neues Kapitel hochgeladen hast!
    Ich habe es echt vermisst, hierüber Tränen zu lachen. ^^

    Am liebsten mochte ich das Meiste, das in Klammern stand, allen voran der Fahrradkommentar und der Bleistiftanspitzer xD

    Und auch wenn ich nicht weiß, wie ich mir vorstellen soll, dass jemand hörbar blinzelt - beim Anblick von Guardian und Protector hätte ich wahrscheinlich auch so reagiert ^^ (Obwohl ich persönlich ja auch nach der versteckten Kamera oder Männern in weißen Kitteln Ausschau gehalten hätte, so wie sie sich aufgeführt haben. :D)

    Was ich auch mochte, war deine leichte Verzögerungstaktik. Ich meine damit das Schema Aussage- Absatz - überraschende Widerlegung der Aussage - Lachflash meinerseits. Ich hoffe, du weißt, was ich meine, denn auch wenn es theoretisch vorhersehbar sein könnte, breche ich dabei jedes Mal in Lachen aus. ^^

    Ein weiterer Lachflash Moment war für mich auch die Szene mit Amis Eltern - Schön, Schatz.

    "Die Teppiche der Eingangshalle haben je 4027 Zotteln" - gut, dass wir das geklärt haben. ^^
    Ich wüsste nicht, wie ich mir die Heldenschule ohne diese Angabe hätte vorstellen sollen :o Aber jetzt kann ich sie sogar bei Sims 2 nachbauen. ^^ (Weil das natürlich alle Angaben sind, die man braucht, um ein Haus zu bauen. Anzahl der Zotteln und Fließen und die Existenz eines Wasserspenders. Nein, ehrlich, das reicht, da kannst du jeden Architekten fragen. xD)

    Wo wir gerade bei interessanten Fakten sind: Charity macht mir Angst. o.O
    Ich hätte ja übrigens erwartet, Yu schlägt bei heruntergelassener Hose wo anders hin, aber ich kann nicht behaupten, dass mich seine Wahl stört ^^ (Trotz meiner zweideutigen Gedankengänge habe ich an sich nichts dagegen, wenn Dinge da untenrum in Ruhe gelassen werden - und das als Mädchen xD
    Du merkst, die Endorphine, die das Kapitel mich ausschütten lassen hat, lassen mich mehr verraten, als ich will :D)
    Kurz vor Schluss dieses langen Kommentars noch etwas, das mir mehrmals leider negativ auffiel:
    "Dass" verwendest du etwas zu selten.
    Aber ich bin sicher, du würdest da irgendwann sowieso nochmal drüber lesen und sowas ausbessern (Ich fühle mich ein wenig schuldig, weil ich das Gefühl habe, dass du meinetwegen keine Zeit zum Betalesen hattest - sorry >.<), also nicht zu tragisch ^^

    Also, ein tolles Kapitel, ich habe gelacht, gegrinst, gelächelt, geblinzelt, wieder gelacht und bin fast erstickt. Ein gutes Ergebnis ^^
    Nochmal danke, dass du dich da nochmal drangesetzt hast - lieb von dir :3